Schleim-Keim: Unterschied zwischen den Versionen

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* 1986: Anfang ohne Ende (= Urzeitalter) / ?????? (= Spitzel), auf: ''[[Sampler - Spiel ohne Grenzen|"Spiel ohne Grenzen"]]'' (Tape Compilation, Swoop! / T.N.T. 001)
* 1986: Anfang ohne Ende (= Urzeitalter) / ?????? (= Spitzel), auf: ''[[Sampler - Spiel ohne Grenzen|"Spiel ohne Grenzen"]]'' (Tape Compilation, Swoop! / T.N.T. 001)
* 1986: Spione im Café, auf: ''[[Sampler - DDR Punk|"DDR Punk"]]'' (Tape Compilation, Funafuti Tapes)
* 1986: Spione im Café, auf: ''[[Sampler - DDR Punk|"DDR Punk"]]'' (Tape Compilation, Funafuti Tapes)
* 1987: Unterground & anarchy, auf: ''[[Sampler - der Ausbruchsversuch Nr.1|"der Ausbruchsversuch Nr.1"]]'' (Tape Compilation, [[Trash Tape Rekords]] TTR 01)
* 1987: Unterground & anarchy, auf: ''[[Sampler - Der Ausbruchsversuch Nr.1|"der Ausbruchsversuch Nr.1"]]'' (Tape Compilation, [[Trash Tape Rekords]] TTR 01)
* 1991: Spion im Café / Untergrund ist Anarchie, auf: ''[[Sampler - DDR Störfaktor|"DDR Störfaktor"]]'' (Tape Compilation, [[Aggressive Punk Tapes]] FUCK 01)
* 1991: Spion im Café / Untergrund ist Anarchie, auf: ''[[Sampler - DDR Störfaktor|"DDR Störfaktor"]]'' (Tape Compilation, [[Aggressive Punk Tapes]] FUCK 01)
* 1991: Ata, Fit, Spee, auf: ''[[Sampler - Zähne 91|"Zähne 91"]]'' (LP Compilation, Blue Velvet BV 001)
* 1991: Ata, Fit, Spee, auf: ''[[Sampler - Zähne 91|"Zähne 91"]]'' (LP Compilation, Blue Velvet BV 001)

Version vom 27. Juni 2023, 08:45 Uhr

Schleim-Keim oder Schleim Keim war eine DDR-Punkband aus Stotternheim bei (& seit 1994 Ortsteil von) Erfurt und existierte in unterschiedlicher Intensität von 1980 bis 1996. Vereinzelte Konzertaktivitäten gab es später auch in den Jahren 2008, 2009, 2018 und 2022.

Die Band wurde 1980 von den Brüdern "Otze" (= Dieter, * 1963) und Klaus Ehrlich mit Andreas „Dippel“ Deubach gegründet. Schleim-Keim spielten hauptsächlich sehr rauen Punk-Rock und schnellen Hardcore-Punk, wie viele DDR-Bands beeinflusst von Gruppen wie den Sex Pistols, Dead Kennedys oder CrAss. Die Band entwickelte aber ihren ganz eigenen spezifischen Stil, vor allem auch dadurch, dass Otze viele Instrumente (Gitarre, Schlagzeug) und Verstärker selbst zusammenbastelte oder modifizierte und dadurch einen extrem verzerrten, gut zu seinem charakteristischen Gesangsstil passenden Sound erfand. Spätere Stücke der Band experimentierten auch mit Elementen von Ska ("Geldschein"), New Wave ("Mein Weg", "Party im Cannabisbeet", "Der Tod") oder Techno ("Leck mich am Arsch"), die meisten dieser Lieder stammen jedoch aus der Band-Spätphase und wurden teilweise von Otze im Alleingang als Soloprojekt geschrieben und aufgenommen (auf "Leck mich am Arsch" ist z. B. anstatt Otze nur ein gesprochenes Sample seiner damaligen Freundin zu hören), einige späte Stücke entstanden außerdem in einer Zeit, in der Otze die Freude am Punk größtenteils verloren hatte und plante alleine ohne Band als Liedermacher aufzutreten. Eine Auswahl dieser Heimproduktionen erschien 2019 als "Solo"-LP "Seid doch zufrieden!".

Ende 1981 erfolgte der erste Auftritt in den Kirchlichen Werkstätten in Erfurt, zusammen mit den Creepers und Madmans aus Weimar. Auch danach konnte nur in Kirchen oder privaten Spielstätten gespielt werden. Weitere Kultkonzerte gab es in Jena, wo Otze sich auf der Zugfahrt als Arbeiter verkleidete, um dem MfS zu entgehen, und in einer katholischen Kirche in einem Dorf bei Erfurt. Bereits 1982 lernten die Mitglieder von Schleim-Keim bei derartigen Begebenheiten den (nach der Wende als Stasi-Mitarbeiter enttarnten) Schriftsteller und Musiker Sascha Anderson kennen, damaliger Sänger der Ost-Berliner Band Zwitschermaschine. So kam die Beteiligung an der LP "eNDe / DDR von unten" als Sau-Kerle (SK) zustande, die als erste Punkplatte der DDR gilt. Anderson schickte Schleim-Keim dafür Ende 1982 in das "Mustangstudio" in der Nähe von Dresden. Innerhalb von einer Stunde spielte die Band sieben Songs ein – der Song "Spione im Café" entstand dabei spontan im Studio. Nach Veröffentlichung der Platte wurde Otze zusammen mit Klaus und Dippel zum ersten Mal von der Stasi verhaftet, observiert wurden die Musiker deshalb jedoch bereits unmittelbar nach ihrem Studio-Termin. Vor allen anderen wurde Dieter Ehrlich am längsten und intensivsten von verschiedenen Abteilungen des MfS "bearbeitet": neben seiner subversiven Betätigung als Musiker und Texter von Schleim-Keim ging es dabei auch um die in der DDR als "Asozialität" definierte Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsbummelei. Aus dieser Kriminalisierung heraus kam es zu einer zeitweiligen Zusammenarbeit Otzes mit der sogenannten "K1" der Kriminalpolizei, von Ende 1982 bis Anfang 1984 wurde er als Informant IKMO "Richard" in Gesprächen abgeschöpft. Dafür erhielt er geringe materielle Vergütungen, sah darin aber auch eine von ihm zunehmend dominierte Manipulation der Sicherheitsbehörde. Als seine Auftraggeber konstatierten, dass er sich in seinem Umfeld dekonspirierte und die informellen Treffen sabotierte, kippte das Verhältnis in das komplette Gegenteil. Ab 1984 wurde die Überwachung von Otze empfohlen (KA "Keim"), 1986 eröffnete das Ministerium für Staatssicherheit gegen ihn den OV (= Operativer Vorgang) "Anarchie". Die Installation von IM (= Informelle Mitarbeiter) in seinem Band-Umfeld (s.u.) gelang aber nur zeitweise (lies dazu: Hahn & Willmann 2008, S.134ff.).

Nachdem Klaus 1986 ausstieg, spielte Otze Gitarre, musste aber auch häufig das Schlagzeug übernehmen. Von 1986 bis 1988 gab es häufige Besetzungswechsel: so spielte Imad von L'Attentat die zweite Gitarre, Fozzy (später Die Fanatischen Frisöre) saß ein Jahr am Schlagzeug, Frank Zieris (später Mandata) spielte ebenso wie "Kid" Salzmann aus Weimar (MOfN, später Küchenspione) kurzzeitig Bass und Thomas Hempt (gleichfalls Mandata) 1988 Gitarre. Steffen Schölzel und "Kermit" Wächter aus Sömmerda (später Brechreiz 08/15) waren 1984/85 an mehreren Proberaum-Sessions beteiligt (da ihnen die Gründung eines SK-Fanclubs unterstellt wurde, gerieten sie ebenfalls unter Kontrolle des MfS). 1988 stieß dann "Lippe" als fester Schlagzeuger zur Band, worauf sich der Übungsraum von Stotternheim nach Gotha verlagerte und Otze wieder alleine Gitarre spielen konnte.

Auch nach der Wende bestanden Schleim-Keim weiter, standen aber im Sommer 1991 kurz vor der Auflösung, als Gründungsmitglied Dippel die Band verließ. Mit Hagen Schröder von den aufgelösten Fanatischen Frisören fand sich ein Ersatz. 1994 gründete Lippe in Gotha die eigene Grindcore/Punk-Band Aggressive Scum, nach der endgültigen SK-Auflösung 1996 stieß auch Schröder dazu und sicherte damit eine verlässliche und konstante Besetzung.

Dieter "Otze" Ehrlich starb am 23. April 2005 im Alter von 41 Jahren an einem Herzschlag in einer psychiatrischen Klinik, in der er nach der Tötung seines Vaters die letzten sieben Jahre seines Lebens verbracht hatte.

Klaus Ehrlich spielte von 2000 bis 2014 bei Kollektiver Brechreiz, einer Neu-Auflage von Brechreiz 08/15.

Am 28. Dezember 2008 gaben Lippe und Schröder unter dem Namen Schleim-Keim ein Konzert beim Punk im Pott im Exil. Der Auftritt stieß auf unterschiedliche Reaktionen. Ein Besucher skandierte mit einem Schild in der Hand „If SK is alive, Punk is dead!“ („Wenn Schleim-Keim lebt, ist der Punk tot“) und fand einige Anhänger; wiederum andere feierten die Situation. Weitere vereinzelte Konzertaktivitäten folgten 2009 und 2018, um sich dann im Jahr 2022 wieder zu einer Handvoll Gigs zusammenzufinden.

Bandinfo: Wikipedia | Interview von Höhnie mit Hagen & Lippe 2008 | "Too much future" (Compilation-Booklet 2020)

Besetzung

  • Dieter "Otze" Ehrlich - dr, voc (ab 1986 g, voc, † 2005)
  • Klaus Ehrlich - g (bis 1986)
  • Andreas "Dippel" Deubach - bg (bis 1991) / Hagen Schröder - bg (ab 1991)
  • Andreas "Fozzy" von Nida - dr (1984, 1987/88) / "Isegrim Lippe" (= Mario Lippmann) - dr (ab 1988)

Musik

mehr Samplerbeiträge hier

Otze

  • 2019: Seid doch zufrieden! (Bootleg LP)

Literatur

  • 2008: "Satan, kannst du mir noch mal verzeihen - Otze Ehrlich, Schleimkeim und der ganze Rest", von Anne Hahn & Frank Willmann (Ventil Verlag 2008)
  • 2022: "Der letzte Punk", von Abo Alsleben (Eigenverlag, Leipzig)