Die Art - Bandstory

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Dies ist die detailliertere Bandstory mit Sachstand von 2007, die auch wegen ihres enthusiastischen Tons nicht der Vergesseneheit anheim fallen soll (modifizierte, aber unveränderte Version bis 27.7.2017).


Die Band Die Art entstand 1985 in Leipzig aus der Vorgängerband Die Zucht und zählt zu den "anderen Bands", die die Wende in der Deutsche Demokratische Republik in musikalischer Hinsicht prägten. Charakteristisch für Die Art war die düstere melancholische Lyrik gepaart mit Punk- und Gitarrensound, teils auch Dark Wave. Die Texte sind sowohl englisch (vorwiegend in den ersten Alben) als auch deutsch (in späteren Alben).

Geschichte

Gründungsbesetzung von "Die Art":

Vocals - Makarios

Drums - Thomas Stephan

Bass - Christoph Heinemann

Guitar - André Friedrich

November 1985 wurde Gitarrist André Friedrich (später Mad Affaire) vom NVA-Grau-in-Grau verschluckt (die staatlich beurkundete "Spielerlaubnis" der ersten Einstufung als "Die Art" mit dem Prädikat "Mittelstufe" im Mai 1985 verschaffte ihm einige Erleichterungen während der 18monatigen Kasernierung). Thomas Gumprecht, bisher nur in diversen Blues - Kapellen aktiv, trat seine Nachfolge ab November 1985 an.

Als "Die Zucht" gab es Probleme mit der Staatsmacht, ohne die aber eine damals notwendige Einstufung unmöglich gewesen wäre. Wer in der DDR live und offiziell spielen wollte, brauchte eine staatliche Einstufung als Musiker ("Amateurtanzmusiker"). Dazu musste die Band vor einer Einstufungskommission auftreten. Als "Die Zucht" im Mai 1985 vor dieser staatlichen Kommission steht, wird ihr Bandname als "unsozialistisch" kritisiert. Jedoch sei eine Spielerlaubnis kein Problem, wenn sich die Band umbenenne, so die Kommission. Der neue Bandname "Die Art" geht zurück auf die spontane Idee von Drummer Thomas Stephan.


Noch aus Zeiten von "Die Zucht" gab es ein kurzes Intermezzo eines Saxophonisten (sein Mitwirken war auf den von Sänger Makarios eingefädelten Kuhhandel zurückzuführen, der diktierte die Benutzung des Proberaums in seiner früheren Berufsschule, der Leipziger Gutenbergschule, zu der folgenden Bedingung: wenn Proberaum - dann spielt ein Saxophonist bei Die Art - so geschah es auch. Der ursprüngliche Proberaum stand durch die Ausreise des Organisten Harald Martin gen Westen nicht mehr zur Verfügung). Dieses eher seltsame "Saxophon"-Kapitel erledigte sich kurzerhand mit einem von der gesamten Band organisierten neuen Proberaum in einer ehemaligen Bäckerei in einem Abrisshaus in Leipzig-Plagwitz. In dieser Zeit entstanden im Herbst 1985 in Zusammenarbeit mit DJ Holger Luckas (später DT64, Rockradio B, Radio Eins) erste Aufnahmen.

Die konstante Besetzung von Die Art ab 1987: Gumprecht / Heinemann / Oley / Stephan


Wichtige Konzerte 1985 bis 1989:

Haus Auensee (Leipzig, 1985): Die Art, Billy Bragg & The Neurotics

X-Mal Konzertreihe (Berlin-Treptow, 1986): Die Art, WK 13, Die Anderen, Komakino, Überraschungsgast: Billy Bragg

Parocktikum Session (Berlin - Treptow, 1987): Die Art (VÖ "Sie sagte" AMIGA Parocktikum Sampler und als Live - Tape)

Insel - Open - Air (Insel der Jugend, Berlin-Treptow, Sommer 1989: Die Art, Die Skeptiker, The Neurotics, Disneyland After Dark, u.v.a

Die Art erspielte sich schnell ein größeres Publikum. Lutz Schramm von DT64 entdeckte Die Art 1987 für sein Radioprogramm Parocktikum. Er spielte die Coverversion von Chrome: "3rd from the sun", den Die Art kurzerhand mit eigenem deutschen Text von André Friedrich unter dem Titel "Chrome" veröffentlicht hatte. Diese Ausstrahlung trug maßgeblich zur weiteren Popularität der Band bei. In dieser Zeit stieß Andreas Seyffert (Keyboard) zu Die Art und wirkte am ersten Tape "Would You Mind Us Looking For?" mit, verließ die Band danach aber wieder.

Ende 1987 nahm der Radiosender DT64 die 2. "Parocktikum-Session" mit Die Art auf. Dieses Live-Konzert wurde später als 2. Tape "Just Another Hit" veröffentlicht. Mangels Möglichkeiten ein eigenes Album zu produzieren, brachte Die Art bis 1989 vier Tapes im Eigenvertrieb (ab 1988 unter dem "Label" Hartmut Productions) heraus. Davon gilt "Dry" als das bekannteste und meistverkaufte Underground-Tape der DDR.

1989 schaffte es der Song "Sie Sagte" auf die erste Parocktikum-LP (Amiga / VEB Deutsche Schallplatten). Im Frühjar 1989 folgte im Auftrag von DT64 eine Aufnahme-Session im Studio-Krex in Berlin - Prenzlauer Berg. Aufgenommen wurden die Songs "Looking for my Mind" und "Eternal Fall". Zu verdanken war dieses Recording den Bemühungen von Radio-DJ Lutz Schramm.

Ebenfalls im Frühjahr 1989 gaben Thomas Stephan und Christoph Heinemann zusammen mit Andreas Falkenstein (g, ex- Kulturwille) und André Friedrich (g, voc) nach intensiver Probenarbeit ein Konzert unter dem Namen The Hartmuts im Leipziger Regina-Palast. Wegen der Indisposition des Sängers wurde der Auftritt ein komplettes Desaster. Es blieb das einzige Die Art Seitenprojekt bis zur Auflösung 2000. Erst 1993 erschien ein Mitschnitt des Konzertes auf MC im bandeigenen Mailorder-Versand.

Im Spätsommer 1989 verließ der Schlagzeuger Thomas Stephan die DDR via Ungarn. In Westberlin spielte er 1990 mit den "Eggmen Five" eine EP ("Hard boiled") ein. In dieser Zeit verstärkte Dirk "Scholle" Scholz (ex - Wartburgs für Walter, Die anderen) die Band an den Drums.

Ein erster Plattenvertrag mit dem AMIGA-Label des einzigen in der DDR existierenden volkseigenen Schallplattenkombinates scheiterte 1989. AMIGA bestand ganz konkret auf einer Textänderung des Songs "Wide Wide World" oder auf den kompletten Verzicht des Songs und machte das zur Bedingung einer LP - Produktion. Die Art lehnte ab.

Liedtext-Auszug aus "Wide Wide World" (...the world is wide and here it's grey'n'grey, grey'n'grey is our city, grey'n'grey but I want to see the colours of the world, I want to see the wide wide world...)

Nach der Wende erschien 1990 das Debütalbum "Fear" beim Amiga-Nachfolgelabel "Z" (und mit "Wide Wide World"). Es verkaufte sich bis jetzt ca. 25000 mal und ist das erfolgreichste Album der Band. 1991 kehrte Thomas Stephan in die Band zurück. Im gleichen Jahr erschien das zweite Album "Gold". Im Gegensatz zu den ersten beiden Alben, die sehr punkrockig klangen, war das 3. Album "Gift" (1993) ein sehr glattgebügeltes Pop-Album. Durch diesen musikalischen Stilbruch verkaufte sich das Album anfangs nur zögerlich. Weitere denkbar ungünstige Bedingung: Pünktlich zur Album - VÖ begann das Insolvenzverfahren der DSB GmbH Berlin (Ex- VEB Deutsche Schallplatten). Damit hatte das Album faktisch keinen funktionierenden Vertrieb. Die alte Plattenfirma pleite und abgewickelt durch die Treuhand, so stand Die Art Ende 1993 ohne Label da. Nur für kurze Zeit. Ein neuer Partner wurde im Frühjahr 1994 gefunden: Our Choice/ Rough Trade. Euphorisch begonnen, endete diese Zusammenarbeit ernüchtert im Jahr 1999.

Das Album "But" (VÖ Herbst 1994) war wieder deutlich härter und gilt als eines der besten und ausgewogensten. 1995 entschied sich die Band ihre besten deutsche Titel vor 1990 auf ein Album aufzunehmen. Das Album "Das Schiff" entstand. Es folgte "Still" (1996) und ist das 2. rein deutschsprachige Album. 1997 folgte das experimentelle Album "Adnama" inkl. einer ausgekoppelten Maxi-CD "Radiokrieg". Das Titelstück ist ein Cover von einem Amanda Lear-Song, wodurch sich der Albumname erklärt. Bei dem „fast unplugged“-Album "Mellow Versions" von 1998 und bei der anschließenden Club-Tournee spielte die Cellistin Susanne V. Thiele mit. Bei diesem ruhigen Album tritt die dunkle Stimme vom Sänger Makarios deutlicher als sonst in den Vordergrund.

1999 trennten sich Die Art von Christoph Heinemann und spielte 2000 mit Christian Schierwagen (ex- Age Of Heaven, Indigo Blue) am Bass das letzte Studio-Album "Last" ein (auf eigenem Label veröffentlicht), welches wieder etwas gitarrenlastiger und melodiöser ist. Zusammen mit Conrad Hoffmann am Bass ging Die Art ein letztes Mal auf Tour und löste sich am 22. Dezember 2001 nach ihrem letzten Konzert in der Moritzbastei in Leipzig auf.

Nur ein einziges Mal machten sie am 17. April 2004 eine Ausnahme und spielten im traditionsreichen Dresdner Ballhaus „Gare de la Lune“ zusammen mit den Freunden der italienischen Oper, die seit 12 Jahren nicht mehr aufgetreten waren, anlässlich des 40sten Geburtstages von Sänger R.J.K.K.Hänsch alias Ray van Zeschau.


Als Nachfolgeprojekt wurde Wissmut gegründet, bei dem Makarios, Thomas Gumprecht, Conrad Hoffmann (vorher bei Timur und sein Trupp, Galgenvögel und Hateful Birthday), sowie Shiva Rudra (ex- Süßwasserpolypen) als neuer Schlagzeuger, dabei waren. Als weitere Nebenprojekte arbeiteten die Musiker in den Bands Prumskibeat und The Russian Doctors. Doch ein Comeback unter dem alten Bandnamen "Die Art" sollte stattfinden! Im Februar 2007 wurde die Reunion der Band verkündet. Die neue Besetzung ist mit der von Wissmut identisch. Insofern hat der Begriff Reunion zumindest nichts mit den personellen Tatsachen zu tun, da sich die jetzt Mitwirkenden nie getrennt haben.

Kurz darauf, im März 2007, wurde das Album "Pale" mit raren Tracks, Demos und unveröffentlichten Versionen veröffentlicht, welches nur direkt auf Anfrage erhältlich ist. Das neue Album "Alles was dein Herz begehrt" erschien im Oktober 2007.