JK "Extrem": Unterschied zwischen den Versionen

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Legendärer selbstverwalteter Jugendklub im Örtchen Lugau (bei Doberlug-Kirchhain), ins Leben gerufen ab 1985.
Legendärer selbstverwalteter Jugendklub im Örtchen Lugau (bei Doberlug-Kirchhain), ins Leben gerufen ab 1985.


Initiator [[Alexander Kühne]] (* 1964) machte durch Mundpropaganda diesen teilweise semi-legal betriebenen Live-Club als Veranstaltungsreihe in einer örtlichen Gastronomie zu einem Mekka der ostdeutschen Untergrund-Bandszene. Ursächlich war weniger eine oppositionelle Einstellung zur DDR, sondern vielmehr Langeweile, kreativer Impuls und das extrem strukturschwache kulturelle Umfeld in der Brandenburger Provinz. Mit Hilfe von Freunden als "Klubmitglieder" wurde im Mai 1985 eine spektakuläre Performance mit der lokalen Punkband '''Kotzübel''' auf die Bühne gebracht, die von der Volkspolizei abgebrochen wurde und zu einem drastischen Ordnungsstrafverfahren für den Jung-Veranstalter führte. Danach gelang es dem gleichen Team aber dennoch, nun mit Hilfe der FDJ und Kühnes Freund Henri Manigk als unverdächtigem "Vorsitzenden", einen offiziellen Jugendklub aufzuziehen. In der u.g. 18er Dokumentation berichtet Manigk von einem konkreten Anwerbungsversuch der DDR-Staatssicherheit als IM, der in seinem Fall erfolglos war. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die Veranstaltungstätigkeit dennoch mit Hilfe diverser IM, wenn auch offensichtlich ohne erkennbare Folgen für die Beteiligten, ausgespäht wurde.<br>Vorrangig Vertreter der später so genannten ''"[[:Category:die anderen bands|anderen bands]]"'' wie '''[[Feeling B]]''', '''[[Sandow]]''' oder '''[[Die Art]]''' wurden von Kühne und seinen Freunden eingeladen, vor Ort dann aber auch zusammen mit solchen ohne Spielgenehmigung präsentiert. 1988 wurde hier '''[[Müllerbeat]]''' aus dem nahen Lauchhammer in einem Contest zur "Besten DDR-Band" gewählt. Bereits im Sommer 1989 gelang es sogar, die West-Berliner Cow-Punk-Band '''[https://de.wikipedia.org/wiki/The_Waltons Waltons]''' nach Lugau einzuschleusen. Ab 1990 wurde der Konzertbetrieb deutlich kommerzieller, auch Größen wie '''[[Rammstein]]''' oder '''[https://de.wikipedia.org/wiki/Fettes_Brot Fettes Brot]''' traten nun in Lugau auf. Die örtliche Konzert-Tradition wurde bzw. wird sporadisch vom [https://www.landeilugau.de/?Startseite "Landei Lugau"] weitergeführt.<br>Die Geschichte des Klubs wurde 2016 in dem Roman ''"Düsterbusch City Lights"'' (hier literarisch verfremdet), sowie 2018 in der ARTE-Doku ''[https://www.youtube.com/watch?v=gS-TWAE8Pqo "Lugau City Lights"]'' nacherzählt.
Initiator [[Alexander Kühne]] (* 1964) machte durch Mundpropaganda diesen teilweise semi-legal betriebenen Live-Club als Veranstaltungsreihe in einer örtlichen Gastronomie zu einem Mekka der ostdeutschen Untergrund-Bandszene. Ursächlich war weniger eine oppositionelle Einstellung zur DDR, sondern vielmehr Langeweile, kreativer Impuls und das extrem strukturschwache kulturelle Umfeld in der Brandenburger Provinz. Mit Hilfe von Freunden als "Klubmitglieder" wurde im Mai 1985 eine spektakuläre Performance mit der lokalen Punkband '''Kotzübel''' auf die Bühne gebracht, die von der Volkspolizei abgebrochen wurde und zu einem drastischen Ordnungsstrafverfahren für den Jung-Veranstalter führte. Danach gelang es dem gleichen Team aber dennoch, nun mit Hilfe der FDJ und Kühnes Freund Henri Manigk als unverdächtigem "Vorsitzenden", einen offiziellen Jugendklub aufzuziehen. In der u.g. 18er Dokumentation berichtet Manigk von einem konkreten Anwerbungsversuch der DDR-Staatssicherheit als IM, der in seinem Fall erfolglos blieb. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die Veranstaltungstätigkeit dennoch mit Hilfe diverser IM, wenn auch offensichtlich ohne erkennbare Folgen für die Beteiligten, systematisch ausgespäht wurde.<br>Vorrangig Vertreter der später so genannten ''"[[:Category:die anderen bands|anderen bands]]"'' wie '''[[Feeling B]]''', '''[[Sandow]]''' oder '''[[Die Art]]''' wurden von Kühne und seinen Freunden eingeladen, vor Ort dann aber auch zusammen mit solchen ohne Spielgenehmigung präsentiert. 1988 wurde hier '''[[Müllerbeat]]''' aus dem nahen Lauchhammer in einem Contest zur "Besten DDR-Band" gewählt. Bereits im Sommer 1989 gelang es sogar, die West-Berliner Cow-Punk-Band '''[https://de.wikipedia.org/wiki/The_Waltons Waltons]''' nach Lugau einzuschleusen. Ab 1990 wurde der Konzertbetrieb deutlich kommerzieller, auch Größen wie '''[[Rammstein]]''' oder '''[https://de.wikipedia.org/wiki/Fettes_Brot Fettes Brot]''' traten nun in Lugau auf. Die örtliche Konzert-Tradition wurde bzw. wird sporadisch vom [https://www.landeilugau.de/?Startseite "Landei Lugau"] weitergeführt.<br>Die Geschichte des Klubs wurde 2016 in dem Roman ''"Düsterbusch City Lights"'' (hier literarisch verfremdet), sowie 2018 in der ARTE-Doku ''[https://www.youtube.com/watch?v=gS-TWAE8Pqo "Lugau City Lights"]'' nacherzählt.


''Die Namensgebung ist historisch begründet als JK für "Jugendklub" angeführt, im Film wird aber auch ein altes Logo mit dem Kürzel JCL (für "Jugendclub Lugau") "Extrem" gezeigt. Eine verbindliche Schreibweise war offensichtlich nebensächlich.''
''Die Namensgebung ist historisch begründet als JK für "Jugendklub" angeführt, im Film wird aber auch ein altes Logo mit dem Kürzel JCL (für "Jugendclub Lugau") "Extrem" gezeigt. Eine verbindliche Schreibweise war offensichtlich nebensächlich.''

Version vom 13. November 2023, 18:46 Uhr

Legendärer selbstverwalteter Jugendklub im Örtchen Lugau (bei Doberlug-Kirchhain), ins Leben gerufen ab 1985.

Initiator Alexander Kühne (* 1964) machte durch Mundpropaganda diesen teilweise semi-legal betriebenen Live-Club als Veranstaltungsreihe in einer örtlichen Gastronomie zu einem Mekka der ostdeutschen Untergrund-Bandszene. Ursächlich war weniger eine oppositionelle Einstellung zur DDR, sondern vielmehr Langeweile, kreativer Impuls und das extrem strukturschwache kulturelle Umfeld in der Brandenburger Provinz. Mit Hilfe von Freunden als "Klubmitglieder" wurde im Mai 1985 eine spektakuläre Performance mit der lokalen Punkband Kotzübel auf die Bühne gebracht, die von der Volkspolizei abgebrochen wurde und zu einem drastischen Ordnungsstrafverfahren für den Jung-Veranstalter führte. Danach gelang es dem gleichen Team aber dennoch, nun mit Hilfe der FDJ und Kühnes Freund Henri Manigk als unverdächtigem "Vorsitzenden", einen offiziellen Jugendklub aufzuziehen. In der u.g. 18er Dokumentation berichtet Manigk von einem konkreten Anwerbungsversuch der DDR-Staatssicherheit als IM, der in seinem Fall erfolglos blieb. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die Veranstaltungstätigkeit dennoch mit Hilfe diverser IM, wenn auch offensichtlich ohne erkennbare Folgen für die Beteiligten, systematisch ausgespäht wurde.
Vorrangig Vertreter der später so genannten "anderen bands" wie Feeling B, Sandow oder Die Art wurden von Kühne und seinen Freunden eingeladen, vor Ort dann aber auch zusammen mit solchen ohne Spielgenehmigung präsentiert. 1988 wurde hier Müllerbeat aus dem nahen Lauchhammer in einem Contest zur "Besten DDR-Band" gewählt. Bereits im Sommer 1989 gelang es sogar, die West-Berliner Cow-Punk-Band Waltons nach Lugau einzuschleusen. Ab 1990 wurde der Konzertbetrieb deutlich kommerzieller, auch Größen wie Rammstein oder Fettes Brot traten nun in Lugau auf. Die örtliche Konzert-Tradition wurde bzw. wird sporadisch vom "Landei Lugau" weitergeführt.
Die Geschichte des Klubs wurde 2016 in dem Roman "Düsterbusch City Lights" (hier literarisch verfremdet), sowie 2018 in der ARTE-Doku "Lugau City Lights" nacherzählt.

Die Namensgebung ist historisch begründet als JK für "Jugendklub" angeführt, im Film wird aber auch ein altes Logo mit dem Kürzel JCL (für "Jugendclub Lugau") "Extrem" gezeigt. Eine verbindliche Schreibweise war offensichtlich nebensächlich.

Netzinfo: Lugau (Wikipedia) | Alexander Kühne im Interview 2021

Musik

Literatur

  • 2016: "Düsterbusch City Lights" von Alexander Kühne (Heyne Hardcore, München)