Messer Banzani - Limited Edition Nr. 36 Herbst 1992

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Am 6.5.1989 gründeten sie sich in Leipzig. Sie - das sind Lani, der sämtliche Daten im Kopf hat, sein Bruder Tommi, der früher in Suhl bei Auslauf (Punk) sang, (Mike) Stolle, der nur mit Sonnenbrille auf die Bühne geht und der Art beim Abmixen ihrer Tapes half, Alex, der ohne Panflöte genauso flöten kann, ständig netten Blödsinn von sich gibt und früher mal bei Dekadence sein Unwesen trieb. Am 30.4.1991 stieß dann Hartmut dazu, der Saxophonist und Frauenheld.

Vor einiger Zeit spielten sie im Knaack-Klub, und vorher durfte ich sie zum Essen begleiten und aus ihren vollgestopften Mündern die Antworten auf meine Fragen entschlüsseln. Tommi und Lani sorgten für die Fakten im Gespräch, während Hartmut, Mike und Alex ständig Bemerkungen über den Tisch warfen, deren Wahrheitsgehalt stark anzuzweifeln ist. Ihre '92er LP "Skagga Yo" spielten sie mit einigen bekannten Musikern ein: Beim Song "Peace Is Wonder" wurden sie vom New Yorker Hardcore-Rapper MC Shank unterstützt, der sich auch beim Konzert als Stimmungskanone entpuppt. Joey A. Vaising von der Leipziger Hardcoreband Tishvaisings, DJ Vee Bee (Easy Business/HH), Urs Hamaekers (N'Gobo N'Gogo) und die erst 17jährige Soulsängerin Adowoa Hackman aus München sowie Produzent Jamaica Papa Curvin (ehemaliger Schlagzeuger bei Boney M) sorgten für das abwechslungsreichste Album der Banzani-Geschichte.

Die Geschichten, wie es zu den zahlreichen Kontakten kam, ähneln sich – die Begeisterung kam stets beim Besuch eines Messer-Banzani-Konzerts. Die Geschichte zu Joey A. Vaising wird von Hartmut erzählt: „Das war, als wir in Leipzig spielten, da kam es bei dem Lied „Peace Is Wonder“ zu einer Session, und ab da hat Joey dann öfter mitgespielt. Und wenn wir die Platte machen, haben wir beschlossen, warum sollen wir dann nicht gegenseitig darauf erscheinen, auch wenn es nicht gerade mit der Musik zu tun hat.“

LE: “Könntet ihr Euch denn auch vorstellen, beispielsweise mit Vision heute noch mal zusammen aufzutreten?“

Hartmut: “Müssen wir – weil wir in Chemnitz zusammen spielen. Wir haben da keine Probleme, wenn die Bands nicht gerade faschistisch sind."

Apropos. Ärger mit Faschos gab es glück­licherweise noch nicht. Zu ihren Konzerten kommen meistens Sharp-Skins, die da ein­fach nur tanzen wollen. So. Nun zu der zweiten Geschichte.

LE: "Wie habt ihr MC Shank kennenge­lernt?"

Tommi: "MC ist bei derselben Plattenfirma (D.D.R.) wie wir. Außerdem war er mit Uli (Labelchef) bei einem Konzert von uns und fand das gut, vor allem 'Peace Is Wonder'. Da hat er uns dann angeboten, einen Rap draufzumachen."

Beim Konzert rappte MC nicht nur bei 'Peace Is Wonder', sondern bis zum aller­letzten Ton bei allen Zugaben, und heizte das Publikum mit "You must make enough noise" so lange an, bis Messer Banzani vor lauter Erschöpfung nicht mehr auf die Bühne wollten.

Die letzte Geschichte, zu Jamaica Papa Cur-vin, hat wieder bei einem Konzert ange­fangen...

Tommi: "Wir haben bei der Tour zur ersten Platte in der Markthalle in Hamburg gespielt, bei der Independent Night. Dann waren wir in Lübeck im Studio, und Jamaica Papa Curvin hat sich angehört, was wir machen wollen, und hat uns dann gesagt, wie wir DAS noch besser machen können. Er hat uns Anregungen gegeben und uns dadurch doch sehr beeinflußt. Die erste Platte Im September letzten Jahres waren Messer Banzani erstmals auf Europatour. Nachdem das Problem Werteiltmitwemdensalat? gelöst haben wir übrigens Frank Farian gewidmet (Jamaica Papa Curvin war im übrigen bei Boney M., bevor diese von Farian kommerziell ausge­schlachtet wurden)."

Im September letzten Jahres waren Messer Banzani erstmals auf Europatour. Nachdem das Problem Werteiltmitwemdensalat? Gelöst ist, will ich wissen, selche Erfahrungen sie außerhalb deutscher Coolness hatten.

Tommi (mit vollem Mund): "Mmjam, mmjam, also mjam mpf, die Tour hat eigent­lich im Mpf (März) in Spanien angefangen. Dort hatten wir zehn Auftritte, waren aber drei Wochen da und hatten so Zeit zum Pro­ben, hamm, nöstr, hppm."

Lani: "Ich erzähl mal weiter. Im September sind wir dann als erstes nach Ungarn ge­fahren, dort spielen selten Bands von außer­halb, weil die finanzielle Lage so schlecht ist. Dann hatten wir noch vier, fünf Auftritte in Italien, wo wir mehr bei Festivals gespielt haben. Am besten hat es uns aber in Spanien gefallen. Da spielt man hauptsächlich in Bars, und die Leute brauchen keinen Eintritt zu zahlen. Die Band wird dann nach dem Getränkeumsatz bezahlt. Das ist eine ganz gute Variante für unbekannte Bands. In Spa­nien haben wir sechsmal gespielt und zum Schluß noch einmal in der Schweiz, in Genf. Das war so gut, daß wir gleich beschlossen haben, mal längere Zeit dorthin zu fahren." Außer eine längere Zeit in der Schweiz zu verbringen, haben sich die fünf vorgenom­men, diesen Sommer eine Tour durch Mo-sambique zu machen, das war eigentlich schon Weihnachten letzten Jahres geplant, wurde jedoch durch den mosambiquam-schen Bürgerkrieg verhindert. Zum Herbst stehen dann noch Spanien, Norwegen und Dänemark auf dem Pro­gramm, und danach werden sie auch mal wieder durch De... (na, ihr wißt schon) teuren. Mir erscheint so viel Reiserei ziem­lich stressig, aber Lani ist da anderer Mei­nung: "Wir sind eigentlich ziemlich ent- spannt, denn es geht ja darum, Musik zu machen, und alles andere ist nebensächlich. Den ganzen Tag kann sonstwas passieren, und abends beim Konzert ist alles wieder gut."

Das nenne ich Vollblutmusiker! Nun ist es ja auch immer interessant zu wissen, was man - was Messer - privat für Musik hört. Vielleicht ja Reggae?

Alex: "Nee - n - überhaupt nie!!!" Lani (bleibt als einziger sachlich): "Ich höre sehr viel Reggae - fast ausschließlich."

Tommy: "Ich kann ja jetzt einfach mal über die Band sprechen: Die hört im Auto erstmal grundsätzlich Reggae. Alles, was keinen Off-Beat hat, wird sofort rausgeworfen."

Hartmut: "Wer nicht immer Off-Beat hören will, wird sofort aus dem Auto rausge-schmissen!"

Alex: "Ich höre ganz viel."

Tommy: "Also er hört 'Ganz viel', das ist eine Band aus Großbritannien." Nun aber zur Sache, Jungs!

Tommy: "Also, ich höre viel Red Hot Chili Peppers, Urban Dance Squad, die anderen hören Jazz, Deep Purple, AC/DC, Queen..."

Alex: "Ich höre eigentlich sehr gut."

Und MC Shank? MC: "Rap!"

Was zu erwarten war.

LE: "But only?"

MC: "No, anyway, classical and a little bit Ska."

Alex: "Klassische Musik höre ich auch."

Tommy: "Ich höre nur klasse Musik!"

Jetzt reicht's!

Auf jeden Fall hören sie, soweit möglich, DT64. Des weiteren konnte ich aus den nun mehr als albern gewordenen Banzanis (der Wem?) noch etwas über die Reggae-Szene in Germany erfahren (die sich in Leipzig aus Messer Banzani und Messer Banzani usw. zusammensetzt, aber lassen wir das).

Alex: "Im Osten Deutschlands gibt es keine Reggaeszene. In Westd. gibt es eindeutig mehr Reggaebands, in Westberlin auch. (Da gibt es ja auch die alljährlichen Sunsplashs.)"

Glücklicherweise sind Messer Banzani endlich mal eine Ex-DDR-Band, die mit ihrer Plattenfirma vollauf zufrieden ist. Von Titelauswahl über Covergestaltung bis hin zu Tourterminen und VÖ-Datum haben sie alle Freiheiten, und auch sonst wird in Lübeck sehr viel für sie getan.

Tommi: "Wir machen auch ziemlich viel. Wir haben zum Beispiel eine Platte gemacht ... hihi ... mit der Uli wahrscheinlich Millionär werden wird, hihi."

Skagga Yo definieren Messer Banzani im übrigen so: "Erstens ist das der Name unserer LP. Zweitens: Skagga - das sind zwei Wortteile - also Ska und Raggamuffin, und Yo ist ein ganz fernetisches Kraftwort." Schön gesagt!

MC: "Rap Yo! Rap Yo!”

Skagga? Yo!

Und Tschüß! [...]

Autor: Enjoy, 1992