Zwitschermaschine: Unterschied zwischen den Versionen

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Bandprojekt aus Dresden / später Berlin, 1979 bis 1983 (Nachfolgebands bis 1986).
Bandprojekt aus Dresden / später Berlin, 1979 bis 1983 (Nachfolgebands bis 1986).


Gegründet 1979 von den Dresdner Kunststudenten Ralf Kerbach und Cornelia Schleime, zuerst auch unter Namen wie '''Schwarz / Weiß''' oder '''Ende''', ab 1981 als '''Vierte Wurzel aus Zwitschermaschine''', was sich im Sprachgebrauch schnell auf den zugrunde liegenden Titel einer Zeichnung von Paul Klee verkürzte. Konzeptionelles Vorbild für die Künstler-Combo waren mit Sicherheit die gleichfalls 1979 begonnenen DIY-Free-Jazz-Exzesse des A.R.Penck (= Ralf Winkler, nonkonformistischer "Junger Wilder" der Dresdener Kunstszene, West-Ausreise bereits 1980), zu dessen erster Bandbesetzung auch der Maler und Hobby-Trompeter Helge Leiberg gehörte. <br>Der bei '''Zwitschermaschine''' stärker und zunehmend vom Punk inspirierte Dilettanten-Avantgarde-Sound diente zunächst vorrangig als Erweiterung von künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten und wurde im Rahmen von Ausstellungseröffnungen dargeboten. Mit dem Hinzukommen des (später als IM des MfS enttarnten) Dichters Sascha Anderson entstanden Kontakte zur musikalischen Subkultur in Berlin und ein daraus resultierendes konventionelleres Selbstverständnis als "Band". Höhepunkt war die Aufnahme von fünf Titeln für die zunächst als subversive Compilation geplante LP '''[[Sampler - eNDe / DDR von unten|"eNDe / DDR von unten"]]''' im Januar 1983, die sich '''Zwitschermaschine''' schließlich mit der Erfurter Punk-Band '''[[Schleim-Keim]]''' (alias '''Sau-Kerle''') teilte und die als erstes Vinyl mit "anderer" Musik der DDR Geschichte machte.  
Gegründet 1979 von den Dresdner Kunststudenten Ralf Kerbach und Cornelia Schleime, zuerst auch unter Namen wie '''Schwarz / Weiß''' oder '''Ende''', ab 1981 als '''Vierte Wurzel aus Zwitschermaschine''', was sich im Sprachgebrauch schnell auf den zugrunde liegenden Titel einer Zeichnung von Paul Klee verkürzte. Konzeptionelles Vorbild für die Künstler-Combo waren mit Sicherheit die 1976 begonnenen DIY-Free-Jazz-Exzesse des A.R.Penck (= Ralf Winkler, nonkonformistischer "Junger Wilder" der Dresdener Kunstszene, West-Ausreise bereits 1980), zu dessen erster Bandbesetzung 1979 auch der Maler und Hobby-Trompeter Helge Leiberg gehörte. <br>Der bei '''Zwitschermaschine''' stärker und zunehmend vom Punk inspirierte Dilettanten-Avantgarde-Sound diente zunächst vorrangig als Erweiterung von künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten und wurde im Rahmen von Ausstellungseröffnungen dargeboten. Aus dem Hinzukommen von Lothar Fiedler (als Nachfolger von Kerbach), Helge Leiberg und des (später als IM des MfS enttarnten) Dichters Sascha Anderson resultierte ab 1982 ein konventionelleres Selbstverständnis als "Band", sowie (vorrangig durch Anderson) Kontakte zur musikalischen Subkultur in Berlin. Höhepunkt war die Aufnahme von fünf Titeln für die zunächst als subversive Compilation geplante LP '''[[Sampler - eNDe / DDR von unten|"eNDe / DDR von unten"]]''' im Januar 1983, die sich '''Zwitschermaschine''' schließlich mit der Erfurter Punk-Band '''[[Schleim-Keim]]''' (alias '''Sau-Kerle''') teilte und die als erstes Vinyl mit "anderer" Musik der DDR Geschichte machte.  


Da der konzeptionelle Anspruch des Band-Projektes damit ausgereizt schien und wegen fortdauernder durch Ausreise bedingte personeller Wechsel (1982 Kerbach, 1984 Leiberg und Schleime, ca. 1986 Fiedler) kam es zu Umbenennungen, ab 1983 zunächst '''Factory hoch Vier''', wenig später '''Fabrik''', die bis 1986 existierten. Anderson und Fiedler arbeiteten danach (vermutlich grenzüberschreitend, da bis auf Anderson und Papenfuß alle Musiker im Westen lebten bzw. von dort stammten) gemeinsam in der '''Sternckombo'''. Helge Leiberg bildete nach seiner Ausreise die Formation '''o.T.''', wiederum mit A.R.Penck, zu der später auch Lothar Fiedler stieß und die in den 1990ern mehrere CD's veröffentlichte.
Da der konzeptionelle Anspruch des Band-Projektes damit ausgereizt schien und wegen fortdauernder durch Ausreise bedingte personeller Wechsel (1982 Kerbach, 1984 Leiberg und Schleime, 1986 Fiedler) kam es zu Umbenennungen, ab 1983 zunächst '''Factory hoch Vier''', wenig später '''Fabrik''', die bis 1986 existierten. Anderson und Fiedler arbeiteten danach (vermutlich grenzüberschreitend, da bis auf Anderson und Papenfuß alle Musiker im Westen lebten bzw. von dort stammten) gemeinsam in der '''Sternckombo'''. Helge Leiberg bildete nach seiner Ausreise die Formation '''o.T.''', wiederum mit A.R.Penck, zu der später auch Lothar Fiedler stieß und die in den 1990ern mehrere CD's veröffentlichte.




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ab 1982 mit
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* Sascha Anderson - voc
* Sascha Anderson - voc
* Lothar Fiedler - g
* Lothar Fiedler - g ([[Musikbrigade]])
* Helge Leiberg - tp
* Helge Leiberg - tp
* Volker Palma - tb, v
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* Matthias Landgraf - sax
* Matthias Landgraf - sax
* Gunther Krex - bg (ex- '''Engerling''', später '''L'Art de Passage''')
* Gunther Krex - bg (ex- '''Engerling''', später '''L'Art de Passage''')
* "Hansi" Noack - v (später '''[[Dekadance]]''')
* "Hansi" Noack - v ([[Musikbrigade]], später '''[[Dekadance]]''')
* Hermann Anders - tb
* Hermann Anders - tb
* Yo Yo Baumgärtel - dr
* Yo Yo Baumgärtel - dr

Version vom 27. August 2012, 17:52 Uhr

Bandprojekt aus Dresden / später Berlin, 1979 bis 1983 (Nachfolgebands bis 1986).

Gegründet 1979 von den Dresdner Kunststudenten Ralf Kerbach und Cornelia Schleime, zuerst auch unter Namen wie Schwarz / Weiß oder Ende, ab 1981 als Vierte Wurzel aus Zwitschermaschine, was sich im Sprachgebrauch schnell auf den zugrunde liegenden Titel einer Zeichnung von Paul Klee verkürzte. Konzeptionelles Vorbild für die Künstler-Combo waren mit Sicherheit die 1976 begonnenen DIY-Free-Jazz-Exzesse des A.R.Penck (= Ralf Winkler, nonkonformistischer "Junger Wilder" der Dresdener Kunstszene, West-Ausreise bereits 1980), zu dessen erster Bandbesetzung 1979 auch der Maler und Hobby-Trompeter Helge Leiberg gehörte.
Der bei Zwitschermaschine stärker und zunehmend vom Punk inspirierte Dilettanten-Avantgarde-Sound diente zunächst vorrangig als Erweiterung von künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten und wurde im Rahmen von Ausstellungseröffnungen dargeboten. Aus dem Hinzukommen von Lothar Fiedler (als Nachfolger von Kerbach), Helge Leiberg und des (später als IM des MfS enttarnten) Dichters Sascha Anderson resultierte ab 1982 ein konventionelleres Selbstverständnis als "Band", sowie (vorrangig durch Anderson) Kontakte zur musikalischen Subkultur in Berlin. Höhepunkt war die Aufnahme von fünf Titeln für die zunächst als subversive Compilation geplante LP "eNDe / DDR von unten" im Januar 1983, die sich Zwitschermaschine schließlich mit der Erfurter Punk-Band Schleim-Keim (alias Sau-Kerle) teilte und die als erstes Vinyl mit "anderer" Musik der DDR Geschichte machte.

Da der konzeptionelle Anspruch des Band-Projektes damit ausgereizt schien und wegen fortdauernder durch Ausreise bedingte personeller Wechsel (1982 Kerbach, 1984 Leiberg und Schleime, 1986 Fiedler) kam es zu Umbenennungen, ab 1983 zunächst Factory hoch Vier, wenig später Fabrik, die bis 1986 existierten. Anderson und Fiedler arbeiteten danach (vermutlich grenzüberschreitend, da bis auf Anderson und Papenfuß alle Musiker im Westen lebten bzw. von dort stammten) gemeinsam in der Sternckombo. Helge Leiberg bildete nach seiner Ausreise die Formation o.T., wiederum mit A.R.Penck, zu der später auch Lothar Fiedler stieß und die in den 1990ern mehrere CD's veröffentlichte.


Besetzung

Zwitschermaschine (1981 - 1983)

  • Ralf Kerbach - g (bis 1982)
  • Cornelia Schleime - voc
  • Matthias Zeidler - bg
  • Michael Rom - voc
  • Wolfgang Großmann - dr (bis 1982)

ab 1982 mit

  • Sascha Anderson - voc
  • Lothar Fiedler - g (Musikbrigade)
  • Helge Leiberg - tp
  • Volker Palma - tb, v

Factory hoch Vier (1983)

  • Sascha Anderson - voc
  • Lothar Fiedler - g
  • Helge Leiberg - tp

+ Gäste, u.a.

  • Peter "Cäsar" Gläser - g (ex- Renft)

Fabrik (1983 - 1986)

Sternckombo (1987)


Musik

Zwitschermaschine

Fabrik

  • 1986: Fluid & Firm / Alles oder Nichts (Tape)
  • 1998: Alles Geld der Welt kostet Geld (Split-CD mit Zwitschermaschine)

Sternckombo

  • 1987: Live at de Doelen in Rotterdam (Tape, Beilage zur originalgrafischen Zeitschrift "Schaden" Heft 17)