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DER ALTE MANN UND DER ALTE MANN ...

...ODER KÄLTE IM SINN ODER VERLORENE STIMME BESTÄNDIG WIEDERGEWONNEN SOWIE ZERONNEN:

ZWEI ALTE MÄNNER BETRETEN DEN RAUM

» R: Du alter Kamm, Mann.

» M: Ha, schäumt Eiter, Eifer dir durch's gichte Fleisch?

» R: Nein, die Gischt ist's, die mich schlagt, plagt.

» M: Das hab ich nicht, nicht wissen. Vergebt mir Ihr, Ihr mir!

» R: So entschuldigt es, euch, darauf was ihr mir angesagt, getan.

» M: Ohne Umriffe will ich gleich zur Sache schweifen. An ödem Gestade verlor ich die Lade, biß in die Wade, da stieg ich an Land, das Krebstier, es ist weggerannt.

» R: Was willst du damit sageln, mich nageln? So kümm förderher, zu zeichen es mit Brunft. Tu nicht so!

» M: Schweig mir von Abkunft, bin selber nicht von Trümmeradel hergestammt. Doch eine Bitte soll jetzt dich beuten. Halt die Eisen mir, ich will fort.

» R: Wo willst du schlagen deine Zelte? In weiter Winterschlacht wirst abgehen du in tiefem Stein.

» M: Granit war mir Geburt, so macht das Lügen, Lagern mir keine Sorge. Wenn Schnee ist wähn ich träumend es ist Schnee und lache leis in mich hein, hinein. » R: Aus dem 7. Buch der Tippe geb ich Rat. Sollst bekommen was du gebärst und vertiefst deinen Zukunftshammer am Gebälk.

» M: Siehst Du die Frau an Bord, sie steht so sinnend als dächt sie an Mord. Nach dem Krebstier will ich sie fragen. Ist ihr die Sache unbekannt, soll sie zur Strafe eins gebären.

» R: So wird sie müssen was ich schon verschuldet, in tiefer Nacht bei Mond und Kernen, im Himmelbrett aus Dorngestrüpp.

» M: Mein schönes Fräulein, darf ich es wagen, Ihnen ein kleines Krebstier abzufragen. Sie schweigt, mein Zorn die tiefe Quarte geigt.

» R: Erzählst vom Sprung der Rappen aus den Buchen und Schlimmkeit soll mich dann betuchen oder ist's Wahrheit mit dem Krebsgetier, vertan der Rieb mit altem Schmier.

» M: Die Alte laß ich jetzt. Du Schürfgesicht höhnst hinter meinem Rücken mir mit Facken, Faxen.

» R: Mit schlechtem Ruch aus deinem Mund verheischt Du mir die Elfe. Zähl weiter deine Schichten, erzähl heiter Deine Geschichten! Zu hören ich mein Ohr auf den Boden werfe.

» M: Ich sehe ein, halte ein, du kennst den Trug der Aspiranten, aller Unmut muß beiseite stehn, wenn sich die dritten Füße wie mit dem Teufel auswärts drehn.

» R: Aspirin und Aspiranten sind mir keine Wohlbekannten. Von Angesicht zu Angebein muß dir mein Wort ein Rechen klein, sein.

» M: Mit mir reden wie mit Kindeskindern, das ist so deine Art. Keinen Gedanken, daß im alten Hirn Historie und Zeit gut bewahrt. Übe lieber Art und Sitte, sonst ist kein Kreuz an der Wand, sondern die Titte!

» R: Ich glaub', du willst mir Kunst vermitteln, doch Ruprecht schuf mein schönes Heim. Kein weiblich Brustkorb schändet Kreuze mir und Wand. Hinfortgetäuscht dein Artensog!

» J: Sergeant Kruschtschow gab Panzer seiner Hand Geleit, drum kam er mit der Stabsmacht arg in Streit. Schlagt an, ihr Wellen eisernen Gewissens, grab unter schlechte Tat, im zukunftsträchtigen Banat.

» R: Rot ist schon schön schon, doch Teufelsgram vertut mir Graupen, im Silberbach des Eßgeschirrs. Sei auf der Glut vor gramen Dramen, erschüttre nicht das Weltgegischt!

» M: Auch ich bin nach der Kränke froh, daß mutig Sterbeglocke wieder glockt, in greiser Tatenhand Sturmeszeichen bannern.

» J: Motortyperne Hypermaschinen stehen orangenprächtig vor der Donaustadt Wienen, fangen langsam an zu greinen, gefleckter Zauberdunst macht sie weinen. Doch das ist nicht alles, hört nur hört, was uns der Christmann morgen beschert.

» R: Ein Kreiselspiel schult Bub und Maid und es sodann den Kreis erfreut. Ein Lampenlicht löscht Lampen nicht, bringt Garben froh nach Jericho!

» M: Im Pott, den mir der Seher reicht, treibt Blasenkraft Gram und Trübsal mir aus der Tiefe. Wer will auf solche Weise in den Morgen schauen, der reichen Schwefel uns verheißt. Seher ab! Krug zerbrich! Das Präparat soll in die Ampel und uns den Pfad nach Ungarns Gruft, Österreichens Gral erneuern.

» J: Gott Mo trägt sich en gros auf Seite eins ins Kirchbuch ein. Wer wird da wohl der Erfinder der Bibel sein?

» R: Ein Sargenmann traf mich im Mais und frug mich nach dem Wege kurz. Ich wies auf das Schifflein dort, mit schwarzem Tuch am Fahnenmast. Und winde Wind an Seilen hin. Fahr schäumend Trog, vergiß mich!

» M: Der erste Fuß, an dem sich Feindeserde klumpt, soll eingeschreint ein Zierrat für die Menge sein. So will es der Brauch. Aus tausend Kehlen prangt das Brautbett bereit, die fremde, hochgeborne Maid zu zwingen.

» J: Wenn die Tante läuft mit dem Kind gegen den Wind, gräbt meißt sich unter das schlechte Gewissen, das stets zwei Paar Bein mit sich gerissen. Furcht verbirgt sich, unter Glas bricht ein Splitter, zwei Fleischzellen sterben bitter. Dann schau nicht betrübt von Wein in Glas, Spiegel oder Wasser hinein.

» R: Willst du mich foppen, alter Noppen, werd ich noch schnell dein Weib verkloppen. Im Salzgewittergitter such ich expedierend Nierensteine beim Pflastermann. So lang ich Minerale male, Grale zahle, Wale quale, schick' ich schon Zornespfeile nach der Mozartstadt.

» M: Hier knie ich, hoch und nieder, grad wie's die Heiten des Bodens verlangen Was erschau ich, den man so bitter von seinem Troß geschert? Aus Salzrat schuf Gott den lumpigen Rastplatz. Nun fehlt der Zwieback noch!

» J: Ich heiße Vincent van Gogh, drum hab ich einsam, doch lüstern Billet für die Goethestadt Vater Ardennne. Geborgenheit ergießt sich hier aus grob, porzellanväsernen Kammern mit kunstvoll gearbeitetem Bier. Mein Ohr ließ ich an dem Schnappverschluß, nur die Ostsee und das Andere bereitet mir Verdruß.

» R: Ich sprach von Flechtwerk aus purem Salz. Wie kommst du mir mit Flüssigkeit des Salzens, auch wenn im Osten als Meer geformt? Jodiert kann ich's noch vertragen, als Bier und Goethe jedoch nicht.

» M: Die Rippe führ ich gegen dich, daß du meiner Kastenbrust mächtige Wölbung erfährst. Sieh vor, was mürbes Zellhirn die Zunge zu schwellen heißt!
F » J: Mein kunstvoll, dreimal genähter Darm vernietet hat Sauerbruchs eigene Hand, hält Anderem und Blähungen stand. Doch Schmähung halt ich von mir, du Teufelsgroßwesir.

» R: Was gratet ihr mit Lästermund auch Wunden in's Gedärm? Bringt Ehrfurcht nur, nicht Stickerei, zerstecht euch nicht die Füße! Beim Orthopäden, sag ich euch ernst, gibt's zeitlich als Ersatz nur Hufe.

» M: Dich sah ich einst, als weite Moderflut zerteilend, das Tier mich schreckend tauchte. Erinnre mich, durch weitre Rede!

» R: So warst du voller Dotterschleim, am Bergholzufer, bei der Flut. Ein Gehtier war's, so dächte ich und niemand trug mir's anders auf. So soll mein Reim auf deinen Trag mir abtun andre Sachen.

» M: Danke! Jetzt aber ist die Ruhe abgegolten, die der wahre Gott mir gönnte, mit Bitterschweiß getränkte Socke, die ich erleichtert von mir stieß.

» R: Ich fand sie wohl, in dunkler Nacht, mein Nasbein brächt mich hin. So nahm ich sie, zu kochen mir ein Wasser, zu spülen meine Schuld. Welch abhold Traumgekriech entfloh mir nun am Knieansatz.

» M: Knechte! Herbei! Mit euren Lungenkräften entlockt den stählernen Drometten Töne, die an Aufbruch erinnern. Klänge, Urgewalt soll deine lose Rede mürben. Tritt seitlich ins Brachgestein, du, sonst sollst an deinem Leib du Kunst und Künste merken.

» R: Wo Urschleim siedet, bricht kein Stein, kein Knecht zerbläst die Lungen. Du meinest wahrlich andre Wilde, revolt-evolutioniert zu Fackelsäulen. Nicht Kunst noch Künste willst Du mitteln. Brich dich doch selbst, Katharr!

» M: Gut, daß ich den Lappen stehen ließ! Doch jetzt kommt mir im Kreucheschritt Müdigkeit an. Streitwagenrad, auch du zwinkerst schon mit matten Farben. Du Sonnenrad, das mein Vetter Himpler so brünstig auf eines ganzen Volkes Schild erhob, sollst mit mir rasten. Auch die Leute sollen dürfen.

» R: Im fernen Indien, bei Expitionen, verdirbst du die Organe dir. So bleib ich lustig hier, im heimatlich Gewirr und suche anders mich zu frieden. Belanglos schaut der Müller Karl aus seiner Mühle. Weh ihm! Auch er mit Sonnenzacken das Mühlrad beschlug. Er ist kein Inder!

» M: Du bist nicht wahr! Du hier? In diese Zollstation hineingetropft, aus deren Borkenstaat du hohlleckend mit einer Nase dich erhebest, die der Teufel dir wohl weinrot kränzte?

» R: Auch ich muß dienen vor, mein Tagelohn ist hier. Bring alte Lumpen, guter Freund, zu wickeln meine Münzen. So da du hier gib mir den Teil, den Zöllner schon dem Jäger nahmen! Sonst halte ein, nur Gott braucht nicht bezahlen.

» M: Schau her und hör das Gleichnis, das ich dir gebe! Siehst du mein stolzes Kinngewächs? Doch Geister wie du sind ohne Ehre, daher ihnen die hohlen Wangen auch nicht ziert. Warum sollt ich umschmeicheln, was du nicht hast? Sag's mir!

» R: Ich sag dir eins, zwei, drei, nur Falschheit kommt aus deinem Wucher, den du auch noch zur Schau hier stellst. In meinen alten, gräßlich Tagen, ich will noch leben, wie man klagt. Bring her den Zinns, nicht stäube Dich! Verbirg nicht länger deinen argen Selbstzorn! Schon will ich schenken dir mein Kleid.

» M: Schau doch, wie aus dem Dunst die schaurigen Pfähle ragen, an denen jeder weitschweifende Wien erkennt. Erst wußt ich nicht, ob Obelisken da herüber- grüßen. Zellhirn wieß Erkenntnis mir! Gewöhnlich exempelt man Verbrecher in schlauchende Höhe, die ich sehr bösarig und zahlreich am Orte vermute.

» R: Mit einem Zugeständnis nur erlaß ich dir den Zoll, hinfort! Hinfortgefegt die Götzenstadt! Laß uns verlassen wo wir prassen und sinnlos nur Geheuch erlassen! Bet keine Obelisken an, wo jeder oben listen kann! Sieh dort den Flieger unter'm Flieder! Vergessen ist dies Orten bald. Hinan, weh uns hinan zum Himmelszelte!

» M: Dies Land ist frei! Und wie! Zerzausten Haares steh ich vom Reisedunst benommen auf der Fläche, erschaue blinzelnd der Mutter Sonne tausend Feuerzitzen.

» R: Recht hast du mit Freiheit fläch'ger Sonnenglut. Schon brennt mein Haupthaar und schickt prasselnd Funken in die Lüfte. Hättst besser wählen können zum Aufenthalt, nicht Ödnis begehrt mein Sinn.

» M: Wenn endlich Herzensnot und Alterseiter die Seele auf dem Plane sich entwindet, der mit Hiesigkeit uns hier empfängt, schimpfst du. » R: Wohl ist's an mir zu schelten, dir deine Kränke zu vergelten. Kannst du mir klärn, wieso die Plag uns antut solche Dreistheit über deinen Kopf? Troll dich elend alter Wurm!

» M: An welches Ding trumpft mit lautem Schall mein Fuß? Nimm dein Heuchelglas heraus und tu es an deine groben Augen!

» R: Stimmt, dies Glas tut heucheln voller Brunst. Im Spiegelschein der Optik das Paradies mir winkt, mein nackter Fuß jedoch sich reißt und wundet, hier auf scharfem Grat. Der blanke Tod bleckt greinend hier die Zähne.

» M: Dunkle Worte mir sprichst. Sprich mir, sprich, mit wem bist du im Bunde? Zweckst du Himmelsgang zu deiner ungelenken Rede?

» R: Nicht Zweck noch Zwerg sind mir vergönnt, wenn lodernd noch mein Kopfputz brennt. Ich rat dir wohl, verschwend die Zeit nicht mit Gerede, bring löschend Quellflut mir, um zischend Flamme zu verenden! Mach schnell, du kalter Alter! Sonst ruf ich Gott, zu löschen dir dein Leben!

» M: Jetzt bist du was! Ein Gotteszeichen in der Wüstenei, das allerorten höchsten Anklang findet. Das Schicksal blakt von deiner Kopfhaut, jenes, einst von dem Seher mit dem Hämatom gewiesen. Nein, droh mir nicht! Sei die schweigende Fackel!

» R: Als Fackel steh ich wohl in dieser Wüste, doch stumm nicht, sondern klagend. Der Schmerz mir schon am Hirne frißt. Als brennend Prophet ist's nun mein Los, dies Ödland zu erleuchten.  _____\\

© DAFTY |