Freunde der italienischen Oper

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Freunde der italienischen Oper ist der Name einer deutschen Musikgruppe mit einer 78-jährigen Geschichte.

Die geistigen Vorläufer: 1928-1933 (Il Grande Silenzio)

Am 12. April 1928 gründen der arbeitslose Ko-Repetitor Franz Friedrich Kunze und der italienische Übersetzer Constante Lazzioli in Berlin die avantgardistische musikalische Vereinigung "Il Grande Silenzio". Sie wird aber aufgrund ihrer absoluten Eigenständigkeit vom intellektuell künstlerischen Umfeld gemieden, wenn nicht sogar überwiegend verachtet. Spötter nennen sie die "Freunde der italienischen Oper". 1933 lösen beide die Gruppe auf und wandern mit ihren Familien nach Skandinavien aus, wo sie sogleich ihre musikalische Tätigkeit fortsetzen, die aber auf Grund der historischen Situation kaum die Öffentlichkeit, geschweige denn ihr Publikum erreicht. Am 23. Dezember 1944 verstirbt Constante Lazzioli an den Folgen einer Lungenentzündung. 1948 kehrt Franz Friedrich Kunze in den Ostsektor Deutschlands zurück.

Die ersten FDIO: 1956-1967

Erst acht Jahre später gründet Kunze mit Renate Baptist, Albert Schmidt, Hans Griese, Stephan Stoév und Bernhard Dittschlag eine neue Gruppe "Freunde der italienischen Oper". Erste Verhandlungen mit dem DDR-Schallplattenmonopolisten Amiga 1962 ersticken im Grundansatz. Zu diesem Zeitpunk ist das Reisen nach Westdeutschland schon nicht mehr möglich. 1967 löst sich die Formation nach ständigen Repressalien, inklusive Auftrittsverbot auf. Außer Renate Baptist beenden alle ihre musikalischen Aktivitäten und spielen nie wieder in einer Band.

Die zweiten und bekanntgewordenen FDIO: 1987-1992

1987 wird die Gruppe von Tom Gross und Rainer A. Schmidt wieder ins Leben gerufen, anfänglich noch unter dem Namen Kot MPi. Am "Tag der Republik" (7. Oktober) 1988 lässt Mario Looke die Band, zu diesem Zeitpunkt noch illegal, erstmals wieder als "Freunde der italienischen Oper" in seinem Club "Südstadt" in Cottbus auftreten. Schon kurz darauf wird Regisseur Wolfgang Engel auf sie aufmerksam und engagiert sie für seine dreiabendliche Faust-Inszenierung am Staatsschauspiel Dresden mit Sänger R.J.K.K.Hänsch alias Ray van Zeschau als "Euphorion". 1989 verlassen Tom Gross und Rainer A. Schmidt (Posaune), das kurz vor dem Anschluss an Westdeutschland stehende Gebiet der Deutschen Demokratische Republik. Diesmal nehmen R.J.K.K.Hänsch, Jänz Dittschlag (Gitarre) sowie der Graphiker und Pressesprecher Dr.H.G. das Schicksal der Band in ihre Hände - nun mit Ralph Qno Kunze (Drums), einem Großneffen Franz Friedrich Kunzes, Heiko Schramm (Bass) und Roger Baptist (Keyboard/Fagott) an ihrer Seite. Anfang 1990 wird ihre erste LP bei "Apparatschik" aufgenommen. Einen Tag nach Einspielung der Aufnahmen verschwinden, nach einem Einbruch, die Bänder samt Studiotechnik und tauchen nie wieder auf. Im Frühjahr 91 stößt Posaunist Rainer A. Schmidt, nunmehr in München lebend, wieder zur Gruppe. Am 28. März 1991 gelingt FDIO in Dresden etwas bis dahin Unvorstellbares. Eine eigene, einmalige Revue im größten Schauspielhaus der ehemaligen DDR. Zudem etwas noch nie Dagewesenes in der Geschichte der DDR-Theater. Bis heute wurden die Besucherzahlen von über 1200 Personen am Schauspielhaus Dresden nie wieder erreicht.
Beim folgenden Italien-Aufenthalt der FDIO, entsteht die zweite LP "Um Thron und Liebe", die anschließend in einem Kellerstudio in Essen innerhalb von drei Tagen eingespielt wird. Im Winter 91 erscheint ihr erstes Vinyl als Limited Edition von 2500. Gleichzeitig beginnt die gleichnamige Tour.
Am 11. November 1992 stirbt Franz Friedrich Kunze unter mysteriösen Umständen einen bis heute nicht geklärten Tod. Am 23. Dezember 1992 geben FDIO in Montegalda, der Geburtsstadt Constante Lazziolis, ihr vorerst letztes Konzert.

...und kein Ende: 2004

Erst 12 Jahre später, am 17. April 2004 treffen sich fast alle noch einmal zu einem Konzert im Dresdner Ballsaal "Gare de la Lune" anlässlich des 40. Geburtstages von R.J.K.K.Hänsch. Mit zu Gast Die Art, auch noch einmal in alter Besetzung. Da an diesem Abend der original FDIO-Bassist Heiko Schramm verhindert ist, übernimmt Rajko Gohlke (ehem. Tishvaisings, Think About Mutation) das Instrument. Erst im November 2005 bringt Opernstar René Pape die "Freunde" noch einmal komplett zusammen. Für die ARTE-Dokumentation „Der Bass René Pape - Mein Herz brennt“ von Regisseurin Sibylle Muth, hatte er sich seinen Wunsch erfüllt, einmal gemeinsam mit den "Freunden der italienischen Oper" zu musizieren. Gemeinsam mit Ray van Zeschau singt er den FDIO-Titel von 1990, "You Had A Dream".
Fünf Jahre nach ihrem letzten Auftritt schaffte es dann der Journalist und Kunstwissenschaftler Alexander Pehlemann und das Schauspiel Leipzig am 17. November 2009 FDIO im Saal des Centraltheater Leipzigs wieder auf die Bühne zu bringen. Da ein Auftritt in der letzten Besetzung von 1992 nicht mehr möglich ist, holt Sänger R.J.K.K.Hänsch eine fast neue Besetzung ins Boot. Abermals mit Rajko Gohlke am Bass, Tex Morton und Alex Anthony Faide an den Gitarren sowie Boris Israel Fernandez am Schlagzeug. Als Gast trat FDIOs ehemaliger Keyboarder, Fagottist und zweite Stimme Roger Baptist als alter ego Rummelsnuff auf.
Im Frühjahr 2020 sollte eine Mini-Tournee gemeinsam mit den Die Art stattfinden. Diese fiel jedoch der COVID-19-Pandemie zum Opfer und wurde ins Jahr 2021 verlegt. Mit der 12-Inch-Vinyl-Picture-Disc "Brüder, zur Sonne, zur Freiheit" erschien jedoch schon zum ursprünglich geplanten Tourneezeitpunkt das erste Produkt der gemeinsamen Zusammenarbeit mit jeweils zwei neuen Titeln von Die Art und FDIO.

Netzinfo: www.freunde-der-italienischen-oper.de | freundederitalienischenoper.bandcamp.com | Facebook

Besetzungen

1988 - 1989

1989 - 1991

  • R.J.K.K.Hänsch - Gesang
  • Jänz "Blitz" Dittschlag - Gitarre
  • Heiko Schramm - Bass
  • Roger Baptist - Keyboard, Fagott, Gesang (ex- Kein Mitleid, Automatic Noir)
  • Ralph Qno Kunze - Schlagzeug

1991 - 1992

  • R.J.K.K.Hänsch - Gesang
  • Jänz "Blitz" Dittschlag - Gitarre
  • Heiko Schramm - Bass
  • Roger Baptist - Keyboard, Fagott, Gesang
  • Ralph Qno Kunze - Schlagzeug
  • Rainer A. Schmidt - Posaune, Gesang

2009 / seit 2018

Musik, Bild- und Tonträger

Alle 1991/92 auf Trash Tape Rekords und Heimat Kassetten veröffentlichten Tape-Reissues und Liveaufnahmen sind ohne Kenntnis & Einverständnis der Band hergestellte Bootlegs.

Filme

  • 1988: "Machine"
  • 1988: "Surreal Minds"
  • 1988: "Unlimited Surprises" (mit Susanne Hoss)
  • 1989: "Memory" (mit Susanne Böwe)
  • 1989: "Holiday"
  • 1990: "1989"
  • 1991: "For Vincent" (mit Susanne Böwe & Katja Lange)
  • 1992: "Little Sister" / "Teddy goes to Golgatha"

Videos

  • 1990: "Sentimental Sea"
  • 1991: "Movies"
  • 1992: "Run my Love"
  • 1996: "Live im Star-Club" (Strandard63 / What's So Funny About)

TV-Beiträge

  • ZDF "Aspekte"
  • ZDF "Im Osten nichts Neues" Regie: Tim Lienhard
  • Mitteldeutscher Rundfunk/MDR "Hot Spot"
  • Bayerischer Rundfunk/BR
  • ARTE „Der Bass René Pape - Mein Herz brennt“ Regie: Sibylle Muth
  • ARD Nachtmagazin