Juckreiz

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Ostdeutsche NDW-Band aus Magdeburg, gegründet 1980.

Unbestrittener Mittelpunkt und ursächlich für den frühen Kultstatus der Nachwuchs-Popper war die Sängerin Marion Sprawe, gleichzeitig gemeinsam mit Ruschak Texterin der erfrischenden und bisweilen keck-schlüpfrigen Hits bis 1984. Vor allem live wurde hier ein Sound (mit programmiertem Schlagzeug) und eine Show angeboten, der den Vergleich mit Ideal und der west-punkifizierten Nina Hagen nahelegte. Um dieses Niveau auch behördlich abzusichern, wurde bei den dafür notwendigen Einstufungen getrickst, was den Unmut lokaler Staatsdiener und im pop-politisch besonders umstrittenen Jahr 1983 vorgeblich sogar das Interesse der Staatssicherheit erweckte. Das "Gefahrenpotential" beschränkte sich in dieser Zeit allerdings auf die öffentliche Darbietung von Nina Hagen Songs, die seit 1976 absolute Persona Non Grata war. In den späteren 80ern soll es weitere "sozialkritische" Texte gegeben haben, die fast zu einem Auftrittsverbot gereicht haben sollen.
Da die DDR auf der Suche nach akzeptablen ostdeutschen Pop-Äquivalenten stets versuchte, derartige Publikumsmagneten eher zu vereinnahmen als zu verbieten, gab es auch für Juckreiz erfolgreiche Teilnahmen an offiziellen Events wie dem "Goldener Rathausmann" genannten Dresdener Schlagerfestival. Marion Sprawe erlag schließlich den hier durchaus auch wirtschaftlich lukrativen Verlockungen, und wurde für die von Burkhard Lasch gecastete Ostpop-Supergroup Smokings Rockshow abgeworben, die zuvor ihre Frontfrau Petra Zieger eingebüsst hatte. Zeitgleich entstanden auch Solo-Produktionen und eine nur kurzlebige aber gelungene weitere NDW-Formation namens Casi Mosi mit dem Keyboarder Carsten Mohren (vorher u.a. Gaukler Rock Band), der auch als Gast bei Juckreiz schon mitgespielt hatte. Bereits 1986 gründete sie allerdings mit dem Smokings-Musiker Alexander "Ali" Kirfe, den sie später auch heiratete, das Pop-Duo Helle Farben und zog sich somit aus der großen DDR-Pop-Öffentlichkeit zurück.
Marions Nachfolgerinnen bei Juckreiz, Sybille Strauß und Anett Navall, die sich vorher als eine unzulängliche Ostkopie von Kate Bush ausprobiert hatte, und eine größere Anzahl professioneller Gastmusiker konnten das Profil der frühen Jahre nicht weiterführen. Mit der letzten Frontfrau Kristeen als konventionell animatorischem "Augenschmaus" begann nach einer Neuformierung 1993 eine Ära als Stadtfest-Mugger der institutionalisierten Neuen Deutschen Welle, das sich überwiegend auf das routinierte Covern der einschlägigen West-Hits beschränkt.
Das erst 2007 zusammengestellte Album "Die größten Hits" enthält mit den bis 1985 produzierten Compilation-Beiträgen und sieben bis dahin unveröffentlichten Liveaufnahmen von 1983 ausschließlich Material der tatsächlich am erfolgreichsten Sprawe-Ära. Erwähnenswert ist außerdem, dass mit "Zeck-Zoff..." 1984 in der DDR ein ebenso erfolgreiches wie frühes Beispiel für den gesamtdeutschen HipHop, nach "Disco in der U-Bahn" von Rockhaus (1983), entstanden war.

Die Band im Netz: www.juckreiz-ndw.de (z.Z. offline) | Wikipedia | www.deutsche-mugge.de

Besetzung

  • Marion Sprawe - voc, triola, perc (bis 1984) / Sybille Strauß - voc (1984/85) / Anett Navall - voc (1986/87, ex- Gong, Gura Fogg) / Kristeen - voc (seit 1987)
  • Jürgen "Ali" Albrecht - g
  • Friedhelm Ruschak - bg, voc
  • Jürgen Rohmeis - keyb, voc (seit 1983, ex- Reggae Play)

Musik

  • 1983: FKK, auf: "Heisse Würstchen - Neues aus Rock und Pop" (LP Compilation, Amiga 856014)
  • 1984: Zeck-Zoff, Trouble en Masse, auf: "Das Album - Rock-Bilanz 1984" (2xLP Compilation, Amiga 856083/084)
  • 1984: Ich hab mich grade so an dich gewöhnt / Jahrmarkt der Eitelkeit / Zeck-Zoff, Trouble en Masse, auf: "Kleeblatt № 11 - Junge Rockbands" (LP Compilation, Amiga 856044)
  • 1984: Zeck-Zoff, Trouble en Masse, auf: "Atemlos - Disco Non Stop" (LP Compilation, Amiga 856047)
  • 1985: Ich esse deine Suppe nicht, auf: "Schniegli Normali - Disco Non Stop" (LP Compilation, Amiga 856101)
  • 1991: Zeck-Zoff, Trouble en Masse, auf: "Weltall ● Erde ● Mensch - Deutscher Demokratischer Beat (Rock aus Deutschland Ost Vol.1)" (CD Compilation, Gala Classics 0185 036)
  • 1996: Sticker aus Tallin, auf: "Super Beatkiste" (CD Compilation, Edition BARBArossa EdBa 01323-2)
  • 1996: Balaton, auf: "Beatkiste Volume 8 - Die Jahre 1985-1989" (CD Compilation, Edition BARBArossa EdBa 01332-2)
  • 2003: Da muß'n Mann her, auf: "Die Notenbude Vol.1" (2xCD Compilation, Choice Of Music 200133-2)
  • 2004: Komm zurück zu mir, auf: "Die Notenbude Vol.3" (2xCD Compilation, Choice Of Music 200137-2)
  • 2005: Alles Paletti, auf: "Ost Rock'n'Pop" (2xCD Compilation, Eurotrend)
  • 2007: Zeck-Zoff, Trouble en Masse - Die größten Hits (CD Compilation, Amiga / Sony-BMG)

mehr Samplerbeiträge hier

Marion Sprawe

  • 1985: Marion Sprawe - Erste Liebe / Jessica - Nach der Schule (Split 7", Amiga 456579)
  • 1985: Casi Mosi - Schniegli Normali, auf: "Schniegli Normali - Disco Non Stop" (LP Compilation, Amiga 856101)
  • 1985: Marion Sprawe - Bleib bei mir, auf: "Feuerwerk - Pop aktuell" (LP Compilation, Amiga 856120)
  • 1988: Helle Farben - Hautevolee, auf: "Bong-Schlag" (LP Compilation, Amiga 856368)
  • 1996: Helle Farben - Einsamer Pilot, auf: "Beatkiste Volume 8 - Die Jahre 1985-1989" (CD Compilation, Edition BARBArossa EdBa 01332-2)
  • 2007: Smokings Rockshow - Wir sind die Liebe / Marion Sprawe - Erste Liebe + Bleib bei mir, auf: Juckreiz - Zeck-Zoff, Trouble en Masse - Die größten Hits (CD Compilation, Amiga / Sony-BMG)