Foier Frei
Label für Rechtsrock aus Chemnitz, aktiv ca. 1996 bis 1999.
Unter dem Namen "Foier Frei" erschien zunächst in Chemnitz ein von Michael P. und Jan W. herausgegebenes rechtes Skinhead-Fanzine. Michael P. war zuvor bereits Mitglied der Neonazi-Skin-Band Kroizfoier gewesen (gegründet 1991 in Zwenkau bei Leipzig, 1996 als Death Metal Band Kreuzfeuer in Altenburg mit fortgesetzt rechter Ausrichtung reformiert), ca. 1994/95 betrieb er dann in Chemnitz die RAC-Band Auf Eigene Gefahr (A.E.G.), bei der seine spätere Ehefrau Antje "Karline" P. Bass spielte.
Ab 1996 agierte Foier Frei auch als Label für rechtsgerichtete Musik, zusätzlich wurden zur Finanzierung des Fanzines "Promo-Compilations" verbreitet, für die weitere rechte Interpreten (wie u.a. der NPD-Liedermacher Frank Rennicke) und Labels (z.B. der von Jan W. 1997 in Wilsdruff gegründete Vertrieb Movement Records) Musik als Unterstützung zur Verfügung stellten. Chemnitz war seit der Gründung 1994 das Zentrum der sächsischen Sektion der 2000 verbotenen rechtsnationalen deutschen "Blood & Honour" Division, der auch alle drei genannten Akteure als Mitglieder angehörten. Die Herstellung und der Vertrieb von rechter Musik gehörte, neben der Verbreitung entsprechender Ideologie, zu einer strategisch betriebenen Generierung von Mitteln zur Finanzierung politischer Aktivitäten. Hieraus folgten bis Ende der 1990er Konflikte bzw. Machtkämpfe innerhalb des bundesweiten B&H-Netzwerkes. Die sächsische Sektion, unter ihrem mittlerweile Leiter Jan W. stärkste Fraktion des Bundesverbandes, stellte die Mitfinanzierung der anderen Sektionen in Frage und wurde daraufhin ausgeschlossen bzw. als eigenständige Organisation proklamiert. Im gleichen Zeitraum wurden einerseits die ersten von zahlreichen V-Leuten des Verfassungsschutzes innerhalb von "Blood & Honour" bekannt, andererseits verselbständigte sich der lukrative, gewinnorientierte Vertrieb von rechter Musik und dazu gehörendem Szene-Merchandising (lies dazu hier). Politisch motivierte B&H-Akteure der Anfangszeit zogen sich teilweise frustriert aus der Organisation zurück, schließlich wurde das deutsche Netzwerk 2000 offiziell verboten. Michael P. und Jan W. blieben Betreiber bereits genannter und neuer rechter Geschäftsbetriebe, Verbindungen zu politischen oder als terroristisch eingestuften Aktivitäten wurden und werden weiterhin sorgfältig vermieden bzw. verschleiert (lies dazu hier).
2014 wurden Michael und Antje P. im NSU-Prozeß 2014 als mutmaßliche Unterstützer der gleichnamigen rechtsextremen Terror-Zelle vernommen. Die aus Jena stammenden NSU-Akteure Mundlos, Böhnhardt & Zschäpe waren Anfang 1998 zunächst in Chemnitz, später Zwickau untergetaucht, eine zumindest zeitweilig aktive Rolle der Foier Frei Betreiber dabei (u.a. Hilfe bei Transporten, Überlassung von Geld und Ausweispapieren) wurde im Prozess untersucht (lies dazu hier).
Das Label etablierte sich 1996 mit der CD-Compilation "Der Sachsensampler" (Foier Frei FF001), neben eindeutigen RAC- bzw. Neonazi-Formationen wie A.E.G., Oiphorie (Leipzig), Die Weissen Riesen (Riesa) und Störfaktor (Chemnitz) wurden hier auch anschlußfähige Bands wie Roials und Dolly D. (beide Dresden) eingebunden, mit denen die Szene für zusätzliche "unpolitische" Musikfans attraktiv gemacht werden sollte. Die weiteren Foier Frei Veröffentlichungen kamen von den Nazi-Bands Kreuzfeuer, Senfheads (Bautzen), Proissenheads (Potsdam), Sturm und Drang (Senftenberg) und Die Moite (Sachsen).
Der Handel mit allen hier genannten Tonträgern ist untersagt, es ist also davon auszugehen dass alle indiziert sind. Auf eine detailliertere Darstellung der Diskographie des Labels und der einzelnen Bands wird aus nachvollziehbaren Gründen verzichtet. Trotz oder gerade wegen der Verstrickungen mit "Blood & Honour" und dem NSU-Komplex ist die Erwähnung im "Parocktikum" aber wichtig, da auch das eine Seite musikalischer Aktivitäten in Sachsen bzw. im Osten ausmacht.