IG Rock Festival
Mit diesem von der IG Rock, einer seit 1981 aktiven Leipziger Sektion des Kulturbund der DDR, organisierten dreitägigen Konzert-Event begann die bis 1995 andauernde Tradition des Leipziger Rockfestival. Wegen der zum damaligen Zeitpunkt einzigartigen Positionierung der IG Rock innerhalb der lokalen Band-Szene erscheint das Festival gewissermaßen als erster Höhepunkt eines Masterplans, bei dem Nachwuchsmusikern aller Couleur, ohne die üblicherweise zu erwartende Anpassung an oder offene Konflikte mit der "Staatskultur" eine Öffentlichkeit angeboten wurde. Die IG hatte im April 1984 im "Eiskeller" (damals offiziell "Jugendklubhaus Erich Zeigner") an der südlichen Stadtgrenze zwischen Leipzig und Markkleeberg eine Veranstaltungsreihe namens "Neue Gruppen stellen sich vor" ins Leben gerufen. Innerhalb eines Jahres betraten hier bei insgesamt neun Ausgaben (das Festival wurde als Nr.10 gewertet) mehr als ein Dutzend überwiegend komplett neue Formationen die Bühnenbretter. Diese Konzerte waren offensichtlich gleichzeitig "Eintrittskarte" für das "IG Rock Festival", möglicherweise fanden hier auch noch evtl. ausstehende Einstufungen statt: Bei "Neue Gruppen... 1" (25.4.84) spielten Streßkompanie (später Stressco) und Tarantula, bei den darauffolgenden Terminen Standhaft und VIP (19.6.84), die Selterswasser Blues Band (5.9.84) sowie Süd-Rock und TSO (7.11.84). Die Mehrzahl dieser Formationen waren dem durchaus untergründigen Blues- und Jazzrock zuzuordnen. Im ersten Halbjahr 1985 hielten mit Auftritten von Die Zucht und EgaCell auch Punk & PostPunk ihren Einzug, die letzte "Eintrittskarte" lösten Maßlos und 08/15 bei "Neue Gruppen... 8" am 15.5.85.
Beim Festival-Line-Up ergaben sich nur marginale, aber dem "Rock-Business" geschuldete Abweichungen vom Konzept. So wurde der Auftritt von Tarantula durch Standhaft ersetzt, und Süd-Rock hatten sich durch den Einstieg des Sängers Frank "Amor" Schüller, damals übrigens auch Vorsitzender der IG Rock, in die später erheblich POPuläre Ulk-Rock-Band Amor & Die Kids verwandelt. Der abschließende Sonntag begann mit einem von der Löwenband begleiteten "Musikantenfrühschoppen", die drei Nachwuchsbands mussten ein undankbares Nachmittagsprogramm bestreiten, bevor mit Rock-Phonie ein offensichtlicher Dinosaurier des DDR-Amateurmusik-Opportunismus ("Hervorragendes Volkskunstkollektiv" 1980 / "Ausgezeichnetes Amateurtanzorchester der DDR" 1982 / "Fördergruppe des Zentralrats der FDJ" / 40% nachgespielte Titel von Queen, Saga & Co. usw. usf.) den Abend besetzte.
Diametral entgegengesetzt wirkt der Gast-Auftritt der Ost-Berliner Art-Punks Hard Pop, wie er im originalen Ablaufplan und in der Presseankündigung verzeichnet, im resümierenden "Veranstaltungsbericht" für den Kulturbund, die FDJ-Bezirksleitung und das Stadtkabinett für Kulturarbeit jedoch (absichtlich?) unterschlagen wurde. Dieser "zweigleisige" Fahrstil der IG Rock erscheint umso zwiespältiger unter Kenntnis der Tatsache, daß der hauptverantwortliche Festival-Organisator als IMS "Kühnert" (= Informeller Mitarbeiter Sicherheit) gleichzeitig für das Ministerium für Staatssicherheit tätig war und in dieser Funktion das Vertrauen der jungen Musiker von Die Zucht, EgaCell und vielen anderen systematisch missbrauchte.
Ende 1985 wurde für das kommende Jahr bereits ein "2. IG Rock Festival" in Aussicht gestellt, das dann aber schließlich als II. Leipziger Rockfestival veranstaltet wurde.
Bands am Freitag, 14.6.1985
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