Ornament & Verbrechen

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Offenes Band-Projekt aus Berlin, 1983 bis ca. 1994.

Initiiert vom Brüder-Paar Ronald Lippok, vorher Schlagzeuger bei Rosa Extra, und Robert Lippok, 1982 mit eigenem Bandprojekt 5 Wochen im Ballon zusammen mit Rico Greese (dr + programming, auch bei Sendeschluß). Die Band wurde nach dem Titel eines Ästhetik-Aufsatzes des Wiener Architekten Adolf Loos (1911) benannt.
O&V verstanden die "Fratelli Lippok" die gesamte Zeit seiner Existenz nicht als konventionelle Band sondern als künstlerische "Plattform", auf der die Brüder wechselnde Konzepte in ganz unterschiedlichen Stilistiken (Jazz, Industrial, Electronics) und häufig auch multimedial umsetzten. Diese Offenheit spiegelte sich in zahlreichen Projektnamen wider, z.B. Aponeuron, Corp Cruid, Bleibeil, The Local Moon oder pulling the strings behind the scenes, unter denen die Lippoks bis 1990 mit wechselnden Musikern und Künstlern kollaborierten, darunter z.B. Bernd Jestram (bis 1986, ex- Aufruhr zur Liebe), Reimo Adler (ex- Antitrott, Kalabatek Exzek), Taymur Streng (9 Tage), Trötsch, Bo Kondren, René le Doil, Jeremy Clarke, der Performance-Artist Holger Stark, die Sängerin Sarah Marrs und der Dichter Bert Papenfuß-Gorek. Beim ersten "offiziellen" Konzertauftritt im August 1986 (beim X-Mal Open Air auf der Insel der Jugend) benutzte die Band mangels Auftrittsgenehmigung das Pseudonym VVV. Daneben betätigten sich die Lippoks und "fester" assoziierte Bandmitglieder wie Kondren und le Doil noch in eigenen Soloprojekten wie Choo Choo Flame, Tumor Traudels und Ihr Arschlöcher, sowie als Gast/Sessionmusiker z.B. bei New Affaire und Etzel in Mecklenburg.

Obwohl Artefakte in Form von Tonträgern für die Band eine künstlerisch untergeordnete Rolle spielten, gelang ihnen mit der Local Moon Single bereits im September 1988 das Husarenstück der ersten (quasi) legal auf dem Gebiet der DDR vertriebenen Independent-Schallplatte (als Beilage der originalgrafischen Samisdat-Zeitschrift "Verwendung" Heft 4), die durch das Raster der restriktiven DDR-Veröffentlichungspolitik fiel.

Nach 1990 gab es weitere musikalische O&V-Projekte, nun mit internationaler Beteiligung, wie Novemberklub, The Iron Curtain Peep Show, Heiße Quelle. Ab 1995 wurde das offene Ornament & Verbrechen-Konzept mit den Projekten Tarwater (Ronald Lippok/Bernd Jestram) und To Rococo Rot (Lippok/Lippok + Stefan Schneider) erfolgreich und produktiver denn je weitergeführt, daneben erschienen weiterhin Soloproduktionen beider Lippoks.

Netzinfo: Ronald & Robert Lippok 2017 Interview

Musik (Auswahl)

Ornament & Verbrechen

The Local Moon

Corp Cruid

Bleibeil

  • 1990: Rauhensee (LP, Eigenvertrieb, Musik zu einer Performance des Avantgarde-Modelabels "Allerleirauh")
  • 1993: Rauhensee (CD Re-Issue, Strange Ways Records WAY 039)
  • 1993: Under water, auf: "The Return of the Furious Swampriders" (CD Compilation, Strange Ways Records WAY 041)
  • 1993: Starring at the sea, auf: "The Ship II (A 30 Song Compilation from Strange Ways Records & Dark Star)" (2xCD Compilation, Strange Ways Records WAY 050)
  • 2006: 37°C (rec.1989), auf: "Spannung. Leistung. Widerstand. Magnetbanduntergrund DDR 1979-1990" (Buch+CD Compilation, ZickZack ZZ 2015)

Aponeuron

sonstige Projekte

  • 1993: The Iron Curtain Peep Show - don't do the crime if you can't do the time (Tape)
  • 1999: Bo Kondren / Robert Lippok / Ronald Lippok / Bernd Jestram - Theatermusik (LP, Crosstalk, USA)
  • 2006: pulling the strings behind the scenes - News night (rec.1988), auf: "Spannung. Leistung. Widerstand. Magnetbanduntergrund DDR 1979-1990" (Buch+CD Compilation, ZickZack ZZ 2015)

Lesen

  • "Ornament & Verbrechen" von Vrah Toth, in: Galenza / Havemeister 1999, S.235f.
  • "Fratelli Lippok - The Story of Ornament & Verbrechen" / "Robert versus Ronald Lippok - Fratelli Lippok im Erinnerungszwiegespräch", alles in: Pehlemann / Galenza 2006, S.109ff.