Wydoks Studio

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Studio in der Schönhauser Allee 5 in Berlin, Anfang/Mitte 1990er Jahre.

Das leerstehende Wohnhaus im Künstlerbezirk Prenzlauer Berg stand Anfang 1990 im Fokus gleich mehrerer Besetzer-Konzepte Ostberliner Aktivisten, wurde aber im "Handstreich" durch Aljoscha Rompe am 12./13. Januar mit behördlicher Rückendeckung in Beschlag genommen (lies dazu hier). Im März/April gründete Aljoscha mit Freunden und erweitertem Umfeld die "Autonome Aktion Wydoks" um für das Haus eine funktionierende Trägerstruktur zu schaffen, gleichzeitig entstand daraus der Versuch, kommunalpolitisch wirksam zu werden, u.a. in Kooperation mit befreundeten Hausprojekten wie dem "Eimer" und dem "Kunsthaus Tacheles". Für die Berliner Kommunalwahlen am 6. Mai 1990 wurde eine Liste von "Wydoks"-Kandidaten aufgestellt, u.a. mit André Greiner-Pol und Tatjana Besson (Berlin-Mitte), Christian "Flake" Lorenz (Marzahn) und Aljoscha selbst (Prenzlauer Berg). Weitere "Wydoks" waren zum Beispiel Michael Rhein (Noah u.a.), Arnfried Schobert (Der Gelbe Wahnfried), Frank "Trötsch" Tröger, Christoph Zimmermann (Die Firma u.a.), Egon Kenner (Freygang), sowie Delia Müller (Managerin von Freygang).
Nachdem das Wahlziel verfehlt war, wurden trotzdem mit Hilfe öffentlicher Fördergelder für ABM-Maßnahmen und Sachmittel zahlreiche Medien- und Kulturprojekte im Haus in Gang gebracht. Dazu zählten Proberäume, Auftrittsmöglichkeiten, das Szenelokal "U5", die Ausstattung für den Piratensender "Radio P" (1990 bis 1994), sowie technisch hochwertige Video- und Tontechnik-Arbeitsplätze. Letztere firmierten eine zeitlang unter dem Namen "Wydoks Studio" und wurden u.a. von Paul Landers betreut. Hier entstanden 1992 und 1993 u.a. Aufnahmen von Orgasm Death Gimmick und der Mix des Die Firma Albums "Kinder der Maschinenrepublik".

In den Folgejahren kamen die meisten Projekte in der Schönhauser Allee 5 durch innere Konflikte und die sprunghafte, bisweilen chaotische "Leitung" Aljoschas zum Erliegen. Als das Gebäude bis Mai 1999 durch Mietspekulanten geräumt wurde, war Aljoscha der letzte verbliebene Bewohner. Ein Jahr später starb er unweit des Gebäudes in seinem Wohnmobil an einem Asthma-Anfall.
Der Name "Wydoks" wird durch eine Filmproduktion, das langlebigste Ergebnis der gleichnamigen Kulturinitiative, weitergeführt. Deren erste Produktion "Die Wydoks kommen" (1990) dokumentiert den Umbruch der deutschen Wiedervereinigung aus dem Blickwinkel der damaligen Aktivisten. Später entstanden u.a. "Feeling B im Tacheles" (1997, Konzertfilm), "Intimate Abstractions" (2004, Dokumentarfilm über Leben und Werk von Louise Bourgeois), "Poesie des Untergrunds" (2009, ein Porträt des Prenzlauer Bergs nach einem Buch von Bert Papenfuß-Gorek), "Peaches live" (2011, Musikvideo). Die Firma ist inzwischen in Dresden ansässig.

Netzinfo: Wikipedia | www.rockinberlin.de

Literatur

  • "Ich such die DDR", in: "Feeling B: Mix mir einen Drink - Punk im Osten" von Ronald Galenza & Heinz Havemeister (Schwarzkopf & Schwarzkopf 2002), S. 242ff.