X-Mal! Musik zur Zeit: Unterschied zwischen den Versionen
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Konzertreihe in Berlin, gestartet im Februar 1986 im Kreiskulturhaus (KKH) Treptow, später auch in anderen Jugendklubs der Hauptstadt. | Konzertreihe in Berlin, gestartet im Februar 1986 im Kreiskulturhaus (KKH) Treptow, später auch in anderen Jugendklubs der Hauptstadt. | ||
Die Idee und ihre Umsetzung kam aus einem Kreis von "Musikenthusiasten", die zu dieser Zeit relevante Positionen im FDJ-Kreisjugendklub "Pablo Neruda" auf der [[Insel der Jugend]] eingenommen hatten: Lars Wünsche (später auch Klubleiter) sowie Eberhard "Ebi" Fischel (späterer Insel-Chef bis 1998) und [[Ronald Galenza]], die anfangs als "Kassetten-DJ's" (ohne Einstufung!) das Programmkonzept gestalteten. Ihr selbstbewusst formuliertes Anliegen, mit einem Musikangebot konsequent aktueller Trends aus Punk & New Wave sowohl aus der Konserve wie auch live ihr Publikum "abzuholen", fiel mit andernorts hinter verschlossenen Türen getroffenen kulturpolitischen Erwägungen zusammen. Mit Angeboten statt Verboten wollte man die DDR-Jugend zurückgewinnen oder zumindest deren subkulturelles Abdriften kontrolliert begrenzen. <br>Die so unverhofft gewährten Freiräume füllte das Insel-Team mit zwangsläufig quotenbefreiten Indie-Diskotheken, Musik-Vorträgen und Bandporträts (die aber nach kurzer Zeit mangels Publikumsinteresse wieder eingestellt wurden), sowie vor allem einer offenen Bühne für einheimische Bands der neuen Szenen. Schon im Frühjahr 1986 suchte man diesbezüglich Kontakt zu [[Lutz Schramm]], den zeitgleich (März 1986) auf der Bildfläche erschienenen [[:Category:Parocktikum|Parocktikum]]-Impresario, und nutzte Synergien zum beiderseitigen Vorteil (lies dazu [https://podcast.parocktikum.de/sonderstufe-mit-konzertberechtigung/einstufung/ hier]). Schramm sorgte für die rasche Bekanntheit des X-Mal!-Programmes und empfahl bzw. vermittelte dem Team zahlreiche auswärtige Neutöner, die sich bei ihm mit Demo-Tapes gemeldet hatten. Im Gegenzug partizipierte er vom Ruf und Flair des neuen Klubs, knüpfte bei den Konzerten eigene Kontakte und erhielt z.B. in Form der mit der Salzwedeler Düsterband '''[[Rosengarten]]''' und dem '''[[Das Freie Orchester|Freien Orchester]]''' im Dezember 1987 in Treptow aufgezeichneten Parocktikum-Session exklusives Sendematerial. Außerdem fungierte er bei vielen X-Mal! Konzerten als Moderator und teilweise auch als Aftershow-DJ.<br>Bei der Akquise für ihre regelmäßigen Konzerte nutzten Wünsche & Co. erstaunlich ähnliche Methoden wie die seit 1984 in Leipzig tätige [[IG Rock]]. Über ein Kontaktenetzwerk wurden Bands erreicht, die sich gerade erst im Proberaum eingerichtet hatten und so konnte man viele Talente als erste präsentieren. Auch für das DDR-interne Problem mit den obligatorischen staatlichen Spielerlaubnissen wurde ein Workflow geschaffen. Jungen Bands wurde eine Ausnahme-Auftrittsgenehmigung besorgt und das folgende öffentliche Konzert konnte gleich für eine "Einstufung" genutzt. Danach stand, bei entsprechend beiderseitiger Geschmeidigkeit, weiteren Auftritten nichts mehr entgegen. Dennoch fanden auch einzelne Konzerte nicht eingestufter Bands unter Tarn-Namen statt (s.u., weitere Auflösungen möglich). <br>Natürlich blieb beim Thema "Einstufung" der oppositionell eingestellte Teil der Punkgemeinde konsequent außen vor: als Lars Wünsche auch im "Leichenkeller" der [[Erlöserkirche]] für sein Etablissement nach frischen Bands nachsuchte, erhielt er eine Abfuhr.<br>Das Selbstverständnis des X-Mal!-Teams schloß selbstredend auch die Präsentation authentischer, also westlicher Interpreten mit ein. Bei der Debütveranstaltung am 23. Februar 1986 war der Coup gelungen, den britischen Punkliedermacher '''[https://de.wikipedia.org/wiki/Billy_Bragg Billy Bragg]''' vom [https://de.wikipedia.org/wiki/Festival_des_politischen_Liedes "16. Festival des Politischen Liedes"] gewissermaßen "abzuzweigen". Und bald danach segelten die westdeutschen Noise-Piraten '''KIXX''' unter der unverfänglichen Jazz-Flagge durch das nach Soundexzessen hungernde Konzertpublikum. Doch erst ab Herbst 1988, nachdem sich internationale Superstars wie '''Joe Cocker''', '''Bob Dylan''', '''Depeche Mode''' oder '''Bruce Springsteen''' in Ostberlin die Klinke in die Hand gaben, wurden auch ein paar Devisen für die abgespeckte Independentversion freigegeben, die meisten kamen dennoch über Musikerkontakte kostengünstig aus dem benachbarten Westberlin.<br>Mit der Mauer fielen alle Beschränkungen, gleichzeitig fluteten tausende Rockklangkörper aus dem Westen den musikalisch ausgezehrten und noch immer unerfahrenen Osten, auch der kulturwirtschaftliche Konkurrenzdruck zog heftig an. Im Jahr 1990 veranstaltete X-Mal! ebensoviele Konzerte wie in allen vier Jahren zuvor zusammen, aber weniger als deren Hälfte wurden nun mit Ostberliner oder ostdeutschen Bands bestritten. Anfang 1991 wurde die Konzertreihe eingestellt.<br>In einigen Quellen wird das im November 1987 erstmals im Potsdamer [[Lindenpark]] veranstaltete Konzertformat [[Off Ground|"Off Ground"]] als "Ableger" von "X-Mal! Musik zur Zeit" beschrieben. | Die Idee und ihre Umsetzung kam aus einem Kreis von "Musikenthusiasten", die zu dieser Zeit relevante Positionen im FDJ-Kreisjugendklub "Pablo Neruda" auf der [[Insel der Jugend]] eingenommen hatten: Lars Wünsche (später auch Klubleiter) sowie Eberhard "Ebi" Fischel (späterer Insel-Chef bis 1998) und [[Ronald Galenza]], die anfangs als "Kassetten-DJ's" (ohne Einstufung!) das Programmkonzept gestalteten. Ihr selbstbewusst formuliertes Anliegen, mit einem Musikangebot konsequent aktueller Trends aus Punk & New Wave sowohl aus der Konserve wie auch live ihr Publikum "abzuholen", fiel mit andernorts hinter verschlossenen Türen getroffenen kulturpolitischen Erwägungen zusammen. Mit Angeboten statt Verboten wollte man die DDR-Jugend zurückgewinnen oder zumindest deren subkulturelles Abdriften kontrolliert begrenzen. <br>Die so unverhofft gewährten Freiräume füllte das Insel-Team mit zwangsläufig quotenbefreiten Indie-Diskotheken, Musik-Vorträgen und Bandporträts (die aber nach kurzer Zeit mangels Publikumsinteresse wieder eingestellt wurden), sowie vor allem einer offenen Bühne für einheimische Bands der neuen Szenen. Schon im Frühjahr 1986 suchte man diesbezüglich Kontakt zu [[Lutz Schramm]], den zeitgleich (März 1986) auf der Bildfläche erschienenen [[:Category:Parocktikum|Parocktikum]]-Impresario, und nutzte Synergien zum beiderseitigen Vorteil (lies dazu [https://podcast.parocktikum.de/sonderstufe-mit-konzertberechtigung/einstufung/ hier]). Schramm sorgte für die rasche Bekanntheit des X-Mal!-Programmes und empfahl bzw. vermittelte dem Team zahlreiche auswärtige Neutöner, die sich bei ihm mit Demo-Tapes gemeldet hatten. Im Gegenzug partizipierte er vom Ruf und Flair des neuen Klubs, knüpfte bei den Konzerten eigene Kontakte und erhielt z.B. in Form der mit der Salzwedeler Düsterband '''[[Rosengarten]]''' und dem '''[[Das Freie Orchester|Freien Orchester]]''' im Dezember 1987 in Treptow aufgezeichneten Parocktikum-Session exklusives Sendematerial. Außerdem fungierte er bei vielen X-Mal! Konzerten als Moderator und teilweise auch als Aftershow-DJ.<br>Bei der Akquise für ihre regelmäßigen Konzerte nutzten Wünsche & Co. erstaunlich ähnliche Methoden wie die seit 1984 in Leipzig tätige [[IG Rock]]. Über ein Kontaktenetzwerk wurden Bands erreicht, die sich gerade erst im Proberaum eingerichtet hatten und so konnte man viele Talente als erste präsentieren. Auch für das DDR-interne Problem mit den obligatorischen staatlichen Spielerlaubnissen wurde ein Workflow geschaffen. Jungen Bands wurde eine Ausnahme-Auftrittsgenehmigung besorgt und das folgende öffentliche Konzert konnte gleich für eine "Einstufung" genutzt. Danach stand, bei entsprechend beiderseitiger Geschmeidigkeit, weiteren Auftritten nichts mehr entgegen. Dennoch fanden auch einzelne Konzerte nicht eingestufter Bands unter Tarn-Namen statt (s.u., weitere Auflösungen möglich). <br>Natürlich blieb beim Thema "Einstufung" der oppositionell eingestellte Teil der Punkgemeinde konsequent außen vor: als Lars Wünsche auch im "Leichenkeller" der [[Erlöserkirche]] für sein Etablissement nach frischen Bands nachsuchte, erhielt er eine Abfuhr.<br>Das Selbstverständnis des X-Mal!-Teams schloß selbstredend auch die Präsentation authentischer, also westlicher Interpreten mit ein. Bei der Debütveranstaltung am 23. Februar 1986 war der Coup gelungen, den britischen Punkliedermacher '''[https://de.wikipedia.org/wiki/Billy_Bragg Billy Bragg]''' vom [https://de.wikipedia.org/wiki/Festival_des_politischen_Liedes "16. Festival des Politischen Liedes"] gewissermaßen "abzuzweigen". Und bald danach segelten die westdeutschen Noise-Piraten '''KIXX''' unter der unverfänglichen Jazz-Flagge durch das nach Soundexzessen hungernde Konzertpublikum. Doch erst ab Herbst 1988, nachdem sich internationale Superstars wie '''Joe Cocker''', '''Bob Dylan''', '''Depeche Mode''' oder '''Bruce Springsteen''' in Ostberlin die Klinke in die Hand gaben, wurden auch ein paar Devisen für die abgespeckte Independentversion freigegeben, die meisten kamen dennoch über Musikerkontakte kostengünstig aus dem benachbarten Westberlin.<br>Mit der Mauer fielen alle Beschränkungen, gleichzeitig fluteten tausende Rockklangkörper aus dem Westen den musikalisch ausgezehrten und noch immer unerfahrenen Osten, auch der kulturwirtschaftliche Konkurrenzdruck zog heftig an. Im Jahr 1990 veranstaltete X-Mal! ebensoviele Konzerte wie in allen vier Jahren zuvor zusammen, aber weniger als deren Hälfte wurden nun mit Ostberliner oder ostdeutschen Bands bestritten. Anfang 1991 wurde die Konzertreihe eingestellt.<br>In einigen Quellen wird das im November 1987 erstmals im Potsdamer [[Lindenpark]] veranstaltete Konzertformat [[Off Ground|"Off Ground"]] als "Ableger" von "X-Mal! Musik zur Zeit" beschrieben. Weitere beispielhafte Auswärts-Gastspiele gab es in Salzwedel unter dem Namen "X-Mal extra" am 8. August 1986 mit den lokalen Bands '''Bordstein''', '''Desaster''' und '''[[Rosengarten]]''', sowie am 26. April 1987 mit '''[[Electro Artist]]''', '''[[die anderen]]''' und '''[[Teurer denn je]]''' (die letzten wurden vor Ort wiederum durch '''[[Rosengarten]]''' ersetzt).<br>Lars Wünsche arbeitete bereits vor 1990 erfolgreich als "Manager" für einige der bekanntesten ''"[[:Category:die anderen bands|anderen bands]]"'' wie '''[[Die Art]]''' und '''[[die anderen]]''', nach 1990 auch z.B. für '''[[Rosengarten]]''' und '''[[Fleischmann]]'''. | ||
Netzinfo: [http://beat-poet.de/pages/music/ostzone/x-mal---musik-zur-zeit.php beat-poet.de] | [https://www.rockinberlin.de/index.php?title=X-MAL_-_Musik_zur_Zeit www.rockinberlin.de] | [https://taz.de/Die-Jugend-geht-und-kommt-auf-die-Insel/!1297069/ Interview mit Ebi Fischel 1999] | [https://www.berliner-zeitung.de/vor-25-jahren-begruendeten-ebi-fischel-und-ronald-galenza-die-erste-ostberliner-underground-disko-zum-pogo-kam-noch-bandsalat-li.31005 Interview mit Fischel & Galenza 2011] | [[Ronald Galenza|Galenza]] / [[Heinz Havemeister|Havemeister]] 1999, S.265ff. | Netzinfo: [http://beat-poet.de/pages/music/ostzone/x-mal---musik-zur-zeit.php beat-poet.de] | [https://www.rockinberlin.de/index.php?title=X-MAL_-_Musik_zur_Zeit www.rockinberlin.de] | [https://taz.de/Die-Jugend-geht-und-kommt-auf-die-Insel/!1297069/ Interview mit Ebi Fischel 1999] | [https://www.berliner-zeitung.de/vor-25-jahren-begruendeten-ebi-fischel-und-ronald-galenza-die-erste-ostberliner-underground-disko-zum-pogo-kam-noch-bandsalat-li.31005 Interview mit Fischel & Galenza 2011] | [[Ronald Galenza|Galenza]] / [[Heinz Havemeister|Havemeister]] 1999, S.265ff. |
Aktuelle Version vom 17. August 2024, 15:17 Uhr
Konzertreihe in Berlin, gestartet im Februar 1986 im Kreiskulturhaus (KKH) Treptow, später auch in anderen Jugendklubs der Hauptstadt.
Die Idee und ihre Umsetzung kam aus einem Kreis von "Musikenthusiasten", die zu dieser Zeit relevante Positionen im FDJ-Kreisjugendklub "Pablo Neruda" auf der Insel der Jugend eingenommen hatten: Lars Wünsche (später auch Klubleiter) sowie Eberhard "Ebi" Fischel (späterer Insel-Chef bis 1998) und Ronald Galenza, die anfangs als "Kassetten-DJ's" (ohne Einstufung!) das Programmkonzept gestalteten. Ihr selbstbewusst formuliertes Anliegen, mit einem Musikangebot konsequent aktueller Trends aus Punk & New Wave sowohl aus der Konserve wie auch live ihr Publikum "abzuholen", fiel mit andernorts hinter verschlossenen Türen getroffenen kulturpolitischen Erwägungen zusammen. Mit Angeboten statt Verboten wollte man die DDR-Jugend zurückgewinnen oder zumindest deren subkulturelles Abdriften kontrolliert begrenzen.
Die so unverhofft gewährten Freiräume füllte das Insel-Team mit zwangsläufig quotenbefreiten Indie-Diskotheken, Musik-Vorträgen und Bandporträts (die aber nach kurzer Zeit mangels Publikumsinteresse wieder eingestellt wurden), sowie vor allem einer offenen Bühne für einheimische Bands der neuen Szenen. Schon im Frühjahr 1986 suchte man diesbezüglich Kontakt zu Lutz Schramm, den zeitgleich (März 1986) auf der Bildfläche erschienenen Parocktikum-Impresario, und nutzte Synergien zum beiderseitigen Vorteil (lies dazu hier). Schramm sorgte für die rasche Bekanntheit des X-Mal!-Programmes und empfahl bzw. vermittelte dem Team zahlreiche auswärtige Neutöner, die sich bei ihm mit Demo-Tapes gemeldet hatten. Im Gegenzug partizipierte er vom Ruf und Flair des neuen Klubs, knüpfte bei den Konzerten eigene Kontakte und erhielt z.B. in Form der mit der Salzwedeler Düsterband Rosengarten und dem Freien Orchester im Dezember 1987 in Treptow aufgezeichneten Parocktikum-Session exklusives Sendematerial. Außerdem fungierte er bei vielen X-Mal! Konzerten als Moderator und teilweise auch als Aftershow-DJ.
Bei der Akquise für ihre regelmäßigen Konzerte nutzten Wünsche & Co. erstaunlich ähnliche Methoden wie die seit 1984 in Leipzig tätige IG Rock. Über ein Kontaktenetzwerk wurden Bands erreicht, die sich gerade erst im Proberaum eingerichtet hatten und so konnte man viele Talente als erste präsentieren. Auch für das DDR-interne Problem mit den obligatorischen staatlichen Spielerlaubnissen wurde ein Workflow geschaffen. Jungen Bands wurde eine Ausnahme-Auftrittsgenehmigung besorgt und das folgende öffentliche Konzert konnte gleich für eine "Einstufung" genutzt. Danach stand, bei entsprechend beiderseitiger Geschmeidigkeit, weiteren Auftritten nichts mehr entgegen. Dennoch fanden auch einzelne Konzerte nicht eingestufter Bands unter Tarn-Namen statt (s.u., weitere Auflösungen möglich).
Natürlich blieb beim Thema "Einstufung" der oppositionell eingestellte Teil der Punkgemeinde konsequent außen vor: als Lars Wünsche auch im "Leichenkeller" der Erlöserkirche für sein Etablissement nach frischen Bands nachsuchte, erhielt er eine Abfuhr.
Das Selbstverständnis des X-Mal!-Teams schloß selbstredend auch die Präsentation authentischer, also westlicher Interpreten mit ein. Bei der Debütveranstaltung am 23. Februar 1986 war der Coup gelungen, den britischen Punkliedermacher Billy Bragg vom "16. Festival des Politischen Liedes" gewissermaßen "abzuzweigen". Und bald danach segelten die westdeutschen Noise-Piraten KIXX unter der unverfänglichen Jazz-Flagge durch das nach Soundexzessen hungernde Konzertpublikum. Doch erst ab Herbst 1988, nachdem sich internationale Superstars wie Joe Cocker, Bob Dylan, Depeche Mode oder Bruce Springsteen in Ostberlin die Klinke in die Hand gaben, wurden auch ein paar Devisen für die abgespeckte Independentversion freigegeben, die meisten kamen dennoch über Musikerkontakte kostengünstig aus dem benachbarten Westberlin.
Mit der Mauer fielen alle Beschränkungen, gleichzeitig fluteten tausende Rockklangkörper aus dem Westen den musikalisch ausgezehrten und noch immer unerfahrenen Osten, auch der kulturwirtschaftliche Konkurrenzdruck zog heftig an. Im Jahr 1990 veranstaltete X-Mal! ebensoviele Konzerte wie in allen vier Jahren zuvor zusammen, aber weniger als deren Hälfte wurden nun mit Ostberliner oder ostdeutschen Bands bestritten. Anfang 1991 wurde die Konzertreihe eingestellt.
In einigen Quellen wird das im November 1987 erstmals im Potsdamer Lindenpark veranstaltete Konzertformat "Off Ground" als "Ableger" von "X-Mal! Musik zur Zeit" beschrieben. Weitere beispielhafte Auswärts-Gastspiele gab es in Salzwedel unter dem Namen "X-Mal extra" am 8. August 1986 mit den lokalen Bands Bordstein, Desaster und Rosengarten, sowie am 26. April 1987 mit Electro Artist, die anderen und Teurer denn je (die letzten wurden vor Ort wiederum durch Rosengarten ersetzt).
Lars Wünsche arbeitete bereits vor 1990 erfolgreich als "Manager" für einige der bekanntesten "anderen bands" wie Die Art und die anderen, nach 1990 auch z.B. für Rosengarten und Fleischmann.
Netzinfo: beat-poet.de | www.rockinberlin.de | Interview mit Ebi Fischel 1999 | Interview mit Fischel & Galenza 2011 | Galenza / Havemeister 1999, S.265ff.
Musik
Der X-Mal!-Mitschnitt von The Real Deal wurde unter dem Titel"By the Wall - Live in Berlin" als Tape (1989) und später als LP (2020, Truemmer Pogo TrP 066 / Elbtal Records) veröffentlicht. Weitere Konzerte sind auf Tape überliefert, z.B. Komakino 02/1986 und Die Vision 12/1988.
Konzerte
Die Auflistung der Konzerte beruht auf dem Abgleich von drei überlieferten Dokumenten. Einige offensichtlich falsch erinnerte Zuordnungen wurden korrigiert, Auftrittsorte können dennoch variieren. Der "Pablo Neruda" Klub in der Inselbrücken-Villa wurde im Herbst 1987 wegen baulicher Mängel gesperrt und konnte erst zwei Jahre später wieder genutzt werden, das Open Air fand auf der benachbarten Freilichtbühne statt. Die Ausweichspielstätten KKH Treptow und JK "Gérard Philipe" lagen im selben Stadtbezirk. VA mit (*) wurden später nur in Galenzas Konzert-Tagebuch als X-Mal! Veranstaltungen bezeichnet. Auch die Schreibweise "X-Mal! Musik zur Zeit" stammt aus Galenzas Erinnerungen von 1999, in zeitgenössischen Dokumenten werden daneben weitere Varianten verwendet.
Das Eröffnungskonzert des "Off Ground" Festivals in Potsdam am 20. November 1987 wird teilweise ebenfalls als X-Mal! Event genannt, eventuell war es ein konzeptioneller "Ableger".
- 12.01.1986: Punk & New Wave Diskothek mit den DJ's Ronald Galenza & Ebi Fischel (JK "Pablo Neruda")
- 23.02.1986: Billy Bragg (UK) / Komakino / Die Art / die anderen / WK 13 (KKH Treptow)
- 20.04.1986: Sandow / Georg K. (JK "Pablo Neruda")
- 08.06.1986: EgaCell / HerT.Z. / Remains (JK "Pablo Neruda")
- 02.08.1986: Kashmir / Inflagranti / VVV (= Ornament & Verbrechen) / Knautschzone (Insel der Jugend Open Air)
- 21.09.1986: Tea For Two / Blot 7 (JK "Pablo Neruda")
- 22.09.1986: Ornament & Verbrechen / die anderen (JK "Pablo Neruda") (*)
- 27.09.1986: KIXX (Bremen) (Volkshaus Bohnsdorf) (*)
- 19.10.1986: Electro Artist / Remains (JK "Pablo Neruda")
- 16.11.1986: Die Vision / HerT.Z. / WK 13 / Inflagranti / Lavender (JK "Pablo Neruda")
- 14.12.1986: Electro Artist / Der Demokratische Konsum (JK "Pablo Neruda")
- 15.02.1987: Michele Baresi / Die Art (JK "Pablo Neruda")
- 15.03.1987: Sandow / Sandberg (JK "Pablo Neruda")
- 17.05.1987: Teurer denn je / Neu Rot / Syntax (JK "Pablo Neruda")
- 05.07.1987: This Pop Generation / die anderen / Mixed Pickles (Insel der Jugend Open Air)
- 26.07.1987: Teurer denn je / Sandberg / Stefan Glück (JK "Pablo Neruda")
- 09.08.1987: Neu Rot / Die Art (KKH Treptow)
- 23.08.1987: Inflagranti / WK 13 / Spontan (JK "Pablo Neruda")
- 06.09.1987: Sandow / die anderen (JK "Pablo Neruda")
- 18.10.1987: Kaltfront / Mandata / Down At Heel (KKH Treptow)
- 20.12.1987: Rock'n Roll Trio (= Das Freie Orchester) / Rosengarten (KKH Treptow)
- 31.12.1987: Sandow / Die 3 von der Tankstelle / Kashmir / Die Vision / Inflagranti / New Colour (KKH Treptow)
- 17.01.1988: Zorn / Mad Affaire / No Tens (KKH Treptow)
- 21.02.1988: Cadavre Exquis / Keine Haftung (KKH Treptow)
- 20.03.1988: Mildernde Umstände / Herbst in Peking (KKH Treptow)
- 17.04.1988: Electric B. & HipHop Crew (JK "Gérard Philipe")
- 08.05.1988: Neu Rot (JK "Gérard Philipe")
- 15.05.1988: AG Geige / Der Expander des Fortschritts (JK "Gérard Philipe")
- 24.06.1988: Wartburgs für Walter (JK "Gérard Philipe")
- 04.09.1988: Müllerbeat (JK "Gérard Philipe")
- 18.09.1988: Sandow-Projekt M.U.L.K.H. (JK "Gérard Philipe")
- 21.09.1988: Die Art / Big Savod & the Deep Manko (JK "Gérard Philipe")
- 19.10.1988: Kashmir / Das Elegante Chaos (JK "Gérard Philipe")
- 23.10.1988: Edge Of Silence (JK "Gérard Philipe")
- 29.10.1988: Ichfunktion / Tausend Tonnen Obst / Tina Has Never Had A Teddy Bear / Frightening Smile (KKH Treptow)
- 13.11.1988: Tschelowek (JK "Gérard Philipe")
- 23.11.1988: Volume Unit (USA) / Die Skeptiker (JK "Gérard Philipe")
- 27.11.1988: Herbst in Peking / Bequite (JK "Gérard Philipe")
- 04.12.1988: Knochen=Girl (W-Berlin) / Ornament & Verbrechen (JK "Gérard Philipe")
- 18.12.1988: Dead Ulbrichts / Tausend Tonnen Obst (JK "Gérard Philipe")
- 21.12.1988: Die Vision / Neu Rot (JK "Gérard Philipe")
- 28.12.1988: die anderen / Die 3 von der Tankstelle / Flat Cat Drive A Jet (?) (JK "Gérard Philipe")
- 30.12.1988: Torpedo Mahlsdorf / Wartburgs für Walter / Sandow / Big Savod & the Deep Manko feat. Geyer (JK "Gérard Philipe")
- 04.01.1989: The Real Deal (JK "Gérard Philipe")
- 18.01.1989: Stan Red Fox (JK "Gérard Philipe")
- 31.01.1989: B.Crown / Torpedo Mahlsdorf (JK "Gérard Philipe")
- 15.02.1989: Chambre Jaune (Hengelo, NL) (JK "Gérard Philipe")
- 22.02.1989: Herr Blum (JK "Gérard Philipe")
- 27.02.1989: Sandow / Schwefel (Mannheim) (JK "Gérard Philipe")
- 15.03.1989: Neun Tage Alt (JK "Pablo Neruda")
- 29.05.1989: Marquee Moon (W-Berlin) / The Poets (Dänemark) / Mad Affaire (Volkshaus Bohnsdorf)
- 01.10.1989: Beatitudes (W-Berlin) / Cliff Barnes & The Fear Of Winning (Osnabrück) (JK "Gérard Philipe")
- 12.10.1989: Messer Banzani / Torpedo Mahlsdorf (JK "Pablo Neruda")
- 19.10.1989: The Tishvaisings (JK "Pablo Neruda")
- 21.10.1989: Der Expander des Fortschritts (JK "Pablo Neruda")
- 26.10.1989: Iron Henning (JK "Pablo Neruda")
- 01.11.1989: Primevals (Glasgow) / Volume Unit / die anderen (Volkshaus Bohnsdorf)
- 09.11.1989: Müllerbeat (JK "Pablo Neruda")
- 16.11.1989: The Fate (JK "Pablo Neruda")
- 30.11.1989: Kampanella is Dead (JK "Pablo Neruda")
- 02.12.1989: Iron Henning / The Tishvaisings / F.S.K. (München) (KKH Treptow)
- 14.12.1989: Die Anoraks (JK "Pablo Neruda")
- 20.12.1989: Space Cowboys (W-Berlin) (JK "Pablo Neruda")
Im Anschluss sind nur noch die Konzerte mit Parocktikum-relevanten Bands aufgelistet. Die meisten der Gast-Bands stammten aus dem damaligen West-Berlin. Der JK "Pablo Neruda" wurde in diesem Zeitraum zunächst in "Die Insel", heute "Kulturhaus Insel Berlin" umbenannt.
- 04.01.1990: AG Geige (JK "Pablo Neruda", neu: Die Insel)
- 16.01.1990: Element Of Crime (W-Berlin) (JK "Gérard Philipe")
- 18.01.1990: "4 Jahre X-Mal!": Fleischmann / Mandata (Die Insel)
- 25.01.1990: Torpedo Mahlsdorf / Blechreiz (W-Berlin) (Die Insel)
- 2?.01.1990: The Mint (Hannover) / B.Crown (Die Insel)
- 0?.02.1990: Die Art (Die Insel)
- 0?.02.1990: White Wooden Houses / D.U. (Die Insel)
- ??.02.1990: Die Vision / Rasca Cocous (Die Insel)
- ??.02.1990: Michele Baresi (Die Insel)
- 22.03.1990: Transsylvanisches Kurhaus Orchester / Müllerbeat (Die Insel)
- 24.03.1990: AG Geige (Die Insel)
- 29.03.1990: Mad Affaire (Die Insel)
- 31.03.1990: Tom Terror & Das Beil / Die Arroganten Sorben (Die Insel)
- 05.04.1990: Sandow (Die Insel)
- 07.04.1990: Sidewalk Poets / DerVers (Die Insel)
- 19.04.1990: The Daltons / The Legendary Tishvaisings (Die Insel)
- 12.05.1990: Bypass / Edge Of Silence (Die Insel)
- 26.05.1990: H.P.Zinker (New York) / Freunde der italienischen Oper (Die Insel)
- 16.06.1990: Six Bones / No Immediate Threat (Die Insel)
- 28.06.1990: Absent Without Leave / Iron Henning (Die Insel)
- 14.07.1990: Die Anoraks (Die Insel)
- 06.10.1990: Sandow / Deadly Toys (Die Insel)
- 20.10.1990: Bypass / A Different Time (Die Insel)
- 25.10.1990: Family 5 / Die Skeptiker / Kissin Cousins / Minzlaff / Der Fremde / Der Expander des Fortschritts (Come In, Adlershof)
- 08.11.1990: Freunde der italienischen Oper / Kissin Cousins / Der Fremde (Die Insel)
- 24.11.1990: Bang! You're Dead / Monotonique Randevouz (Die Insel)
- 05.01.1991: The Art Of The Legendary Tishvaisings / Pie Rats (Die Insel)
- 12.01.1991: Kampanella is Dead / The Fate (Die Insel)
- 24.01.1991: Subway Surfers / Iron Henning (Die Insel)
- 09.02.1991: Cheerleaders / Pink Parsons / Ceremony Six (Die Insel)